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Brandenburg: Altanschließer: Land will helfen – ein bisschen

Innenminister Schröter will Fälle einzeln prüfen lassen und Verbandsstrukturen im Land straffen

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Potsdam - Bei der Rückzahlung der unzulässigen Beiträge von Grundstückseigentümern für alte Kanalanschlüsse können die Wasserverbände bedingt mit finanzieller Hilfe durch das Land rechnen. „Dazu haben wir Entscheidungen im politischen Raum zu treffen“, sagte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Schröter zufolge müssten aber alle Fälle einzeln geprüft werden. Schröter kündigte an, dass es nicht eine einzelne gerechte Lösung für das ganze Land geben könne. Zudem könnten finanzielle Hilfen des Landes auch an notwendige Veränderungen bei den Strukturen der Wasserverbände geknüpft werden. „Über entsprechende Empfehlungen wird das Kabinett am kommenden Dienstag beraten“, kündigte Schröter an. Im Dezember könnte dazu bereits der Landtag entscheiden.

Ein leitender Beamter stellte im Ausschuss am Donnerstag ein Rechtsgutachten zu den Rückzahlungen vor, das auf Beschluss des Landtags im Auftrag der Landesregierung erstellt wurde. Denn strittig ist, ob auch die Bürger, die ohne Widerspruch gezahlt haben, im Sinne des Rechtsfriedens ihr Geld von den Zweckverbänden zurückbekommen sollen. Denn deren Bescheide sind bestandskräftig. Und dann kämen nach Schätzung des Städte- und Gemeindebundes rund 400 Millionen Euro an Rückzahlungen hinzu. Die Kommunen fordern daher finanzielle Unterstützung von der Landesregierung.

Doch dazu gibt das Gutachten keine eindeutige Empfehlung. Einen Rechtsanspruch hätten nur die Bürger, die Widerspruch eingelegt hätten, heißt es dort. Möglich wäre auch zusätzlich die Aufhebung der Bescheide, die etwa wegen Stundung und Ratenvereinbarung noch nicht vollständig bezahlt wurden. Hier besteht ohnehin ein Vollstreckungsverbot. Diese beiden Lösungen hat der Gutachter in seiner 61-seitigen Expertise als „kleine“ und als „mittlere Lösung“ präsentiert. Insgesamt hat der Gutachter vier Lösungen herausgearbeitet. Als „große Lösung“ könnten Zweckverbände sämtliche Bescheide aufheben, die nach dem Sinn des Spruchs aus Karlsruhe rechtswidrig, aber teils doch bestandskräftig sind, aufheben. In der „größten Lösung“ würden die Zweckverbände ihre Finanzierung komplett umstellen – von einer Mischvariante aus Anschlussbeiträgen und Verbrauchsgebühren auf ausschließliche Erhebung von künftigen Gebühren. Allerdings fiele die Gebühr geringer aus, wenn in der Vergangenheit Beiträge gezahlt wurden. Damit gäbe es ein gesplittetes Gebührenmodell. Zum anderen könnten die Verbände alle jemals erlassenen Beitragsbescheide unabhängig von Rechtmäßigkeit und Bestandskraft aufheben und den Aufwand für Anschlüsse und Anlagen zukünftig über Benutzungsgebühren refinanzieren. Allerdings wächst mit jeder Lösungsstufe die Finanzierungslücke der Verbände.

Zur Rolle des Landes führte der Gutachter aus, dass eine Anordnung für jeden Weg über die „kleine Lösung“ hinaus Kosten verursachen würde, die das Land dann übernehmen müsste. Schröter selbst erwägt, dass das Land maximal Kosten für Rechtsverfahren der Verbände tragen könnte – mehr aber nicht. Das wäre mit einem zweistelligen Millionenbetrag deutlich weniger als der 300-Millionen-Fonds, den die Linke vorschlägt. Politisch will Schröter eine Straffung der teils defizitären Verbandsstrukturen etwa durch Fusion erreichen – über einen Umweg: durch Vorgaben im kommunalen Ausgleichsfonds. Der könnte greifen, wenn Verbände wegen der Umstellung und Rückzahlen in Finanznöte kommen.

Zur Unterstützung der Kommunen empfiehlt das Gutachten dem Land daher, die Mittel in dem Ausgleichsfonds aufzustocken. Dazu wäre aber Gesetzeshandwerk im Finanzausgleichsgesetz nötig: Eine einfache Aufstockung hätte geringere Schlüsselzuweisungen für Kommunen zur Folge, die vom dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gar nicht betroffen sind. Im Gesetz müsste daher eine zusätzliche, nur vom Land getragene Finanzierung her.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im vergangenen November entschieden, dass die von den Bürgern geforderten Beiträge für Kanalanschlüsse aus den 1990er-Jahren oder sogar aus der DDR unwirksam sind.

nbsp;Alexander Fröhlich, Klaus Peters

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