Korruption in Teltow-Fläming: Altlasten des Systems Giesecke
Teltow-Fläming: Dezernenten tankten privat auf Kosten des Landkreises
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Luckenwalde - Erneut werden aus dem Landratsamt von Teltow-Fläming neue Korruptionsfälle auf der Führungsebene bekannt. Es handelt sich um Altlasten eines Systems, das der wegen Untreue und Vorteilsannahme 2012 verurteilte und entlassenen Ex-Landrat Peer Giesecke (SPD) in der Kreisverwaltung aufgebaut hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Das Rechnungsprüfungsamt war bereits Ende 2012 auf Unregelmäßigkeiten gestoßen. Im Visier stehen seither der Finanzdezernent Dieter Albrecht, wie Giesecke SPD-Mitglied, und der Dezernent für Kultur, Bildung und Jugend, Horst Bührendt. Beide sollen über Jahre mit Tankkarten des Landkreises die Spritkosten für ihre Privatwagen bezahlt haben. Allein im Jahr 2011 belief sich die Summe auf knapp 10 000 Euro, wie das Rechnungsprüfungsamt herausfand.
Bildungsdezernent Bührendt kam im Frühjahr 2010 ins Amt, nach eigenen Angaben hat die Behörde ihm eine Tankkarte zur Verfügung gestellt. Noch schwerer wiegt der Fall bei Finanzdezernent Albrecht, seine Tankkosten machen den größeren Anteil der Gesamtsumme aus. Er bekam die Tankkarte bereits 2007 von Giesecke. Die fragliche Summe könnte also noch weitaus höher ausfallen. Doch einen Aktenvermerk oder eine schriftliche Vereinbarung gibt es zu der Regelung nicht. „Diese Überlassung erfolgte auf der Grundlage einer mündlichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und mir“, heißt es in einer Stellungnahme Albrechts zu den Vorgängen, die den PNN vorliegt.
Die Schreiben der beiden Verwaltungschefs, in denen sie sich zu der Sache äußern, sind inhaltlich ähnlich. Beide verweisen darauf, dass mit den Tankkarten auch zur privaten Nutzung Lohnunterschiede zu anderen Dezernenten ausgeglichen werden sollen. Zum anderen hätten sie sich verpflichtet, Dienstfahrten mit dem Privat-Pkw zu erledigen, aber keine weiteren Dienstreisekosten abzurechnen, schreiben beide. Sie verweisen zudem darauf, dass diese Praxis in der Wirtschaft durchaus üblich sei. Das sehen Ermittler, Rechnungsprüfer, aber auch Verwaltungsexperten anders. Im Raum steht angesichts der hohen Summen auch die Frage, ob die beiden Beamten die Tankkarten nicht nur für sich, sondern auch für andere genutzt haben könnten, Freunde oder Familienmitglieder.
Finanzdezernent Albrecht gab seine Tankkarte übrigens auch wegen Gieseckes Fall im September 2012 zurück – weil „die Wahrscheinlichkeit, dass mein bisheriger Arbeitgeber in seiner Funktion aus dem Dienst des Landkreises ausscheiden wird, stieg, und er die einzige Person war, die diese mündliche Vereinbarung bestätigen konnte“.
Ob die beiden Beamten mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, wird noch geprüft. Michel Wolny (CDU), Vize-Chef des Rechnungsprüfungsausschusses im Kreistag, forderte jetzt, Interims-Landrätin Kirsten Gurske (Linke) müsse härter durchgreifen. „Sie hat die Verpflichtung, auch disziplinarisch vorzugehen, eigentlich hätte sie auch die Strafanzeige stellen müssen, stattdessen hat sie sich vor ihre Mitarbeiter gestellt.“ Der Hinweis an die Staatsanwaltschaft sei jedoch auf anderen Wegen erfolgt.
Das Landratsamt hat derzeit keinen gewählten Landrat. Giesecke war per Strafbefehl wegen Untreue und Vorteilsannahme zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße von 8000 Euro verurteilt worden. Nach der Abwahl im Dezember 2012 sollte der SPD-Kreischef und Bürgermeister von Ludwigsfelde, Frank Gerhard, das Amt übernehmen, bei der Direktwahl Mitte April unterlag er aber der Linken Kornelia Wehlan. Zuvor waren auch gegen ihn Korruptionsvorwürfe laut geworden. Weil zu wenig Bürger wählen gingen, muss nun der Kreistag über den Landrat entscheiden. Anfang Mai erging gegen Gerhard ein Strafbehehl wegen Vorteilsannahme, weil er sich von einem Unternehmen zu einer Luxuskurzreise in die Schweiz einladen ließ. Alexander Fröhlich
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