Brandenburg: Am Bahnhof Friedrichstraße fehlt der Durchblick
Nach Absturz eines Betonteils in der Halle rätselt Bahn über Schadensursache
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Berlin - Die potenzielle Gefahrenstelle ist durch Flatterbänder abgesperrt, wo sie passiert werden muss, hat die Bahn Gerüste mit einer Abdeckung aufgebaut – wie große Tore. Ansonsten war am Freitag, einen Tag nach dem Absturz eines Betonteils von der Decke in der Halle des Bahnhofs Friedrichstraße in Berlin – fast – alles wie immer. Die Bahn sieht nach einer Überprüfung keine weitere Gefahr für die Fahrgäste; die Vorsichtsmaßnahme beschränkt sich auf einen schmalen Bereich unter der Absturzstelle. Der Betonbrocken hatte, wie berichtet, die Zwischendecke durchschlagen; nur mit viel Glück war in dem belebten Bahnhof niemand verletzt oder gar getötet worden.
Warum sich das nach Schätzungen der Feuerwehr rund 25 Kilogramm schwere Stück von der Decke gelöst hat, ist weiter unklar. Die Ursachenforschung kann Wochen dauern. Die gesamte Stahlbetonkonstruktion aus den 20er Jahren sei bei der Sanierung Mitte der 90er Jahre von Statikern geprüft worden, sagte der Architekt Werner Weinkamm, der die Sanierung geplant hatte. Umgerechnet 110 Millionen Euro hatten die Arbeiten damals gekostet. Der Bahnhof war großzügig umgebaut worden; auch um mehr Platz für Geschäfte zu schaffen. Die tragenden Konstruktionen blieben unverändert; Schäden seien damals nicht gefunden worden, sagte Weinkamm.
Nach der Sanierung waren die mit Brücken vergleichbaren Gleiströge und die daran befestigten Betonelemente nicht mehr zu sehen. Eine abgehängte Decke verhinderte den Blick. Revisionsklappen seien bei solchen Konstruktionen nicht vorgeschrieben, sagte ein Fachmann.
Weinkamm schließt nicht aus, dass Wasser vom Gleisbereich aus in die Decke eingedrungen ist und den Stahl rosten ließ. Die Gleise liegen zwar in einer Halle, doch durch die Züge gelange Wasser auch ins Innere der Halle. Womöglich sei eine Fuge undicht, sagte Weinkamm. An der abgehängten Rigipsdecke sind an mehreren Stellen Flecken zu sehen, die auf Feuchtigkeit schließen lassen.
Unlängst musste die Bahn auch Teile der Akustikdecke im Regionalbahnhof Potsdamer Platz entfernen, der erst 1996 eröffnet worden war. Bei Kontrollen zeigte sich, dass ein Teil locker war. Zeitweise mussten die Bahnsteige deshalb gesperrt werden.
Auch die BVG ist schon von Schäden, die durch abgehängte Decken verborgen waren, überrascht worden, zuletzt beim U-Bahnhof Mehringdamm. Als die BVG jetzt die Station sanierte und die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dort angebrachte Zwischendecke entfernen ließ, erkannte man erhebliche Schäden an der ursprünglichen Gewölbedecke, die sonst nicht zu sehen gewesen wären. Die BVG baute danach keine Zwischendecke mehr ein, sondern blieb bei der ursprünglichen Gewölbekonstruktion. Dadurch wirkt der Bahnhof nun auch großzügiger. Wo Zwischendecken – auch wegen des Denkmalschutzes – bleiben sollen, baut die BVG nach Möglichkeit Klappen ein, die einen Blick auf die tragende Konstruktion ermöglichen. So sei man in der Lage, rechtzeitig Stellen zu erkennen, an denen Wasser eindringe, sagte ein Experte.
Im Bahnhof Friedrichstraße machten sich am Freitag die wenigsten Besucher Sorgen. Viele wussten nicht einmal, warum es die Absperrung gab. Am Nachmittag lief auch der Betrieb fast wieder normal. Die Bahn nahm das Gleis 4, auf dem Fern- und Regionalzüge Richtung Hauptbahnhof fahren, wieder in Betrieb. Unter ihm hatte sich der Betonbrocken gelöst; das Gleis war deshalb am Donnerstag gesperrt worden, um Erschütterungen zu vermeiden. Züge der Regionalbahnlinien RB 21 aus Wustermark und RB 22 vom Flughafen Schönefeld enden deshalb seither bereits am Bahnhof Zoo. Erst am Montag sollen sie wieder planmäßig bis zur Friedrichstraße fahren. Für die Fahrgäste ist dies allerdings nichts Neues. Diese Züge sollten zwar seit dem Fahrplanwechsel am vergangenen Sonntag in den Hauptverkehrszeiten bis Friedrichstraße fahren; wegen Defekten und Verspätungen schafften sie es aber bereits vor der Gleissperrung im Bahnhof Friedrichstraße oft nur bis zum Bahnhof Zoo.Klaus Kurpjuweit
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