Brandenburg: „Aneignung aus dem Drang zur Bereicherung“

Potdam - Die Anwältin Beate Grün hat im September 2005 einen Brief an das Liegenschafts- und Bauamt Potsdam geschrieben. Sie bat um Aufklärung, warum das Land Brandenburg im Grundbuch für eine Kleinstfläche eingetragen war, die doch eigentlich ihren Mandanten, Erben der 2003 verstorbenen Eigentümerin, gehörte. Grün ist Rechtsanwältin in Nürnberg und Expertin für Eigentumsrechte an Bodenreformland. Eine Antwort aus Potsdam hat sie nie bekommen. Heute fällt sie ein wenig schmeichelhaftes Urteil über das Land: Es habe wohl die „geheime Enteignung ganz bewusst aus Bereicherungsdrang betrieben“. Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofes empfindet sie deshalb als Genugtuung.

Mehr noch: Das Urteil könne „der Beginn für weitere Rechtsprechungsänderungen in Sachen Bodenreformland“ sein. Wie der Potsdamer Anwalt Thorsten Purps hatte auch Beate Grün Erben von Bodenreformland vertreten, denen das Land entzogen worden war, weil sie die ererbten Flächen nicht landwirtschaftlich nutzten. Insgesamt betrifft das rund 70 000 Fälle. Schließlich unterlag man vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Durch das BGH-Urteil würden nun Juristen und Politiker wieder sensibilisiert für die gesamte Bodenreformabwicklung. Denn „die erste Enteignung in der Geschichte der Bundesrepublik“ sei „Unrecht par excellence“, sagt sie.

Mit den Ansprüchen der zwischen 1945 und 1949 enteigneten Alteigentümer hat die Frage der Entziehung von Bodenreformland dabei nichts zu tun. Grün macht auf den entscheidenden Unterschied aufmerksam: Die Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone habe nicht die Bundesrepublik zu verantworten, die seit 1992 schon. sc