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Brandenburg: Angeklagter will Tat gestehen Prozess um Mord in U-Bahnhof begonnen

Berlin - Der kräftige Mann mit Bart und kurz geschorenen Haaren erhob sich nicht, als der Prozess vor dem Berliner Landgericht eröffnet wurde. Hamin E.

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Berlin - Der kräftige Mann mit Bart und kurz geschorenen Haaren erhob sich nicht, als der Prozess vor dem Berliner Landgericht eröffnet wurde. Hamin E. steht nach dem Tod der 20-jährigen Amanda K. am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz wegen Mordes vor Gericht. Die Vorwürfe hörte er regungslos. Doch er wird sich nicht in Schweigen hüllen. „Es hat sich so zugetragen, er wird es nicht bestreiten“, kündigte einer seiner Verteidiger an. Der 29-jährige H. werde am zweiten Prozesstag aussagen.

Die Eltern von Amanda K. sind Nebenkläger im Prozess. Sie hatten aber nicht die Kraft, persönlich zu erscheinen. „Es belastet sie zu stark“, erklärten ihre Anwälte. Doch die Familie will wissen, warum es zur Tragödie kam. Und es steht die Frage im Raum: Hätte man den seit Jahren auffälligen Mann, der in Hamburg immer wieder in der Psychiatrie behandelt werden musste und zudem kriminell auffiel, frühzeitiger stoppen können?

Er war einen Tag vor dem schrecklichen Geschehen in Berlin aus der Psychiatrie in Hamburg entlassen worden – „fehlende akute Eigen- und Fremdgefährdung“, hieß es. In den Monaten zuvor hatte E. immer wieder Straftaten wie Diebstahl oder Sachbeschädigung begangen. Bei der Polizei kündigte er an, er werde weitermachen, bis er eingesperrt werde. Er komme „draußen nicht klar“. Doch die Hamburger Staatsanwaltschaft habe 2015 ein Dutzend Verfahren eingestellt, sagte Nebenklage-Anwalt Roland Weber. Wegen Schuldunfähigkeit. Verteidigung und Nebenklage sind sich einig: Es sei zu prüfen, ob in Institutionen in Hamburg Fehler passiert sind.

Amanda K. hatte vor eineinhalb Jahren das Abitur gemacht. Sie wünschte sich eine Ausbildung zur Automobilkauffrau. Am 19. Januar kam sie von einem Treffen und war auf dem Heimweg. Sie stand auf dem U-Bahnhof und schrieb ihrer Mutter noch eine SMS: „Bin gleich zu Hause. Ich liebe dich.“ Im nächsten Moment wurde sie angegriffen. Es war 23.36 Uhr, als E. sie mit Wucht ins Gleisbett stieß, so die Ermittlungen. Die U-Bahn-Fahrerin leitete sofort eine Notbremsung ein. Doch Amanda K. wurde überrollt.

Alles deutet auf einen grauenvollen Zufall hin: Der in Hamburg geborene Hamin E. war zwei Stunden zuvor als Schwarzfahrer mit einem ICE in Berlin angekommen. In der Notunterkunft für Obdachlose in der Franklinstraße fand sich kein freier Platz mehr. Er ging zum Ernst-Reuter-Platz. Etwa zehn Menschen standen auf dem Bahnsteig. Alles ging sehr schnell. E. wehrte sich nicht, als ihn mehrere Männer festhielten. Später soll er erklärt haben, dass er sich verfolgt gefühlt, die Frau aber verwechselt habe. Er habe sie auch nur zur Seite schubsen wollen. Der Prozess wird am 5. Oktober fortgesetzt. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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