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Brandenburg: Angst vor Sextäter: Steglitz hofft auf baldigen Wegzug Entlassener Häftling beunruhigt Familien / Berliner Bezirk kritisiert mangelnde Sensibilität der Ämter

Berlin - Im Rathaus in Berlin-Steglitz versucht man die Anwohner zu beschwichtigen – vergeblich. „Das Kind ist in den Brunnen gefallen“, sagt Sozialstadtrat Stefan Wöpke (CDU).

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Berlin - Im Rathaus in Berlin-Steglitz versucht man die Anwohner zu beschwichtigen – vergeblich. „Das Kind ist in den Brunnen gefallen“, sagt Sozialstadtrat Stefan Wöpke (CDU). Nachdem der Wohnort des vielfachen Sexualstraftäters Manfred L. bekannt geworden sei, sei an eine geordnete Resozialisierung nicht mehr zu denken. Der Stadtrat ist deshalb sicher: Manfred L. wird bald umziehen, inkognito an einen anderen Ort verlegt. Dem müsste der 56-Jährige allerdings zustimmen. „Nach den richterlichen Entscheidungen kann Herr L. seinen Wohnsitz frei wählen“, sagt Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Sie könne die Wut der Eltern „sehr gut nachempfinden“, dürfe die Urteile der Richter aber nicht kommentieren.

Es dauerte nur ein paar Stunden, bis sich die Nachricht herumgesprochen hatte: Der gefährliche Sexualstraftäter Manfred L. wird in Steglitz untergebracht. „Wir geben gegenwärtig keine Stellungnahmen ab“, heißt es in dem Wohnheim. In seiner Nachbarschaft hat sich seit Montag vieles verändert: Eltern lassen ihre Kinder nicht mehr allein zur Schule, Reporter ziehen durch die Straßen und im Rathaus häufen sich die Anrufe besorgter Anwohner. „Bei diesem besonderen Fall hätte man mit mehr Sensibilität rangehen müssen“, kritisiert der Steglitz-Zehlendorfer Stadtrat Wöpke.

Die Freilassung des 56-Jährigen hatte bereits vergangene Woche eine hitzige Debatte ausgelöst. Sexualstraftäter Manfred L. kam trotz der gerichtlichen Einschätzung als „nach wie vor gefährlicher Mann“ nach fast 25-jähriger Haft wieder auf freien Fuß. Ursache ist ein Justizfehler bei seiner letzten Verurteilung. Ein Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung war am Freitag, wie berichtet, abgewiesen worden, weil während der Haft keine „neuen Tatsachen“ aufgetaucht waren. Es bestand zumindest eine Chance, dass doch noch alles glimpflich abläuft. Denn seit seiner Entlassung hat das Landeskriminalamt (LKA) den Mann ständig im Visier. Die Einheit „Prävention“ kümmert sich um entlassene Straftäter, die eine hohe Risikoprognose haben. Die Ermittler überprüfen, dass Manfred L. seine Auflagen einhält, laden ihn zu Gesprächen und schauen sich auch unter seinen Bekannten, Kollegen und Nachbarn um.

Das Leben in dem Wohnheim sollte die Rückfallgefahr von Manfred L. weiter minimieren: Seit rund drei Jahrzehnten kümmert sich eine Stiftung in dem Haus erfolgreich um Ex-Häftlinge und Obdachlose. 38 Männer leben in rund 30 Quadratmeter großen Appartements, bevor sie nach einem halben Jahr auf eigenen Füßen stehen sollen. Sozialbetreuer erstellen einen Plan für jeden Haftentlassenen, sie helfen bei Wohnungs- und Arbeitssuche. An Alltag ist derzeit hier für niemand mehr zu denken: „Da hängen ja jetzt immer Reporter übern Zaun“, sagt Stadtrat Wöbke.

Die Gutachter, die Anklägerin, das Gericht – alle haben vor Manfred L. gewarnt, der sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder an kleinen Jungs vergangen hat. Die Bildungsverwaltung bemüht sich nun um die richtige Balance: „Es muss Sorge getragen und Hysterie verhindert werden“, sagt Behördensprecher Jens Stiller. Deshalb habe man ein Fax an sechs angrenzende Schulen geschickt. Jetzt sollen die Lehrer mit ihren Klassen und den Eltern „das Thema Schulwegsicherheit“ besprechen. „Die Kinder müssen wissen, wann sie ,Nein“ sagen können und müssen“, sagt Stiller.

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