Brandenburg: „Anreize für freiwilliges Ausscheiden“
Gewerkschaften: Stellenabbau-Pläne der Landesregierung zum Scheitern verurteilt. Speer: Sozialtarifvertrag wird eingehalten / Schlechtere Lebensmittelüberwachung befürchtet
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Gewerkschaften: Stellenabbau-Pläne der Landesregierung zum Scheitern verurteilt. Speer: Sozialtarifvertrag wird eingehalten / Schlechtere Lebensmittelüberwachung befürchtet Potsdam - Der von der Landesregierung angekündigte Personalabbau um 7400 auf 51 000 Stellen bis 2009 ist nach Ansicht der Dienstleistungsgewerkschaft verd.i zum Scheitern verurteilt. „Mir ist ein Rätsel, wie die Landesregierung einen Personalabbau dieser Dimension in die Praxis umsetzen will“, sagte ver.di Landeschef Werner Ruhnke gestern in Potsdam. „Da fehlt mir jede Fantasie.“ Das Vorgehen der Landesregierung sei „unseriös.“ Schließlich habe die Landesregierung im Jahr 2004 mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einen Sozialtarifvertrag vereinbart, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Im Gegenzug verzichten die Mitarbeiter des Landes auf 5 Prozent ihres Einkommens und ihrer Arbeitszeit. Der Vertrag gilt bis zum Jahr 2010 und wird von der Landesregierung auch nicht in Frage gestellt, wie Finanzminister Rainer Speer (SPD) bestätigte. Nach seinen Worten soll der Abbau sozialverträglich, über natürliche Fluktuation und über Anreize für ein freiwilliges Ausscheiden von Bediensteten gelingen. Aber die Bereitschaft dafür wird unter den Beschäftigten nur gering sein, prophezeite Ruhnke. Die Arbeitsmarktreform Hartz IV „mache dies noch schwerer“. Er könne sich nicht vorstellen, dass jemand bei Abfindungen selbst in Höhe eines Jahresgehaltes ausscheidet - „es sei denn er hat bereits einen neuen Job.“ Tatsächlich gelang es bislang, nur wenige Landesbedienstete mit dem goldenen Handschlag von bislang bis zu 35 000 Euro zum Ausscheiden zu bewegen. Abgesehen von den Zweifeln an der Umsetzung halten die Gewerkschaften und Personalräte die Stellenabbau-Pläne der Landesregierung für eine „schwerwiegende Fehlentscheidung“, so Ruhnke. Sie sei über die Köpfe von Fachleuten hinweg getroffen worden und ignoriere weitreichende Folgen. Brandenburgs Personalausstattung der Landesverwaltung habe schon jetzt das Niveau von Schleswig-Holstein erreicht. „Die Zahlen, die der Finanzminister vorgelegt hat sind falsch“, so Ruhnke. Der Verzicht auf 5 Prozent Lohn/Arbeitsleistung entspreche schließlich 1500 Stellen. Welche Auswirkungen der geplante Stellenabbau haben kann, machte Ralf Otto, stellvertretender Personalratschef der Landeslabore, deutlich. Dort sollen bis 2009 168 der rund 400 Stellen eingespart, der Standort Potsdam aufgelöst und das Labor auf Frankfurt/Oder konzentriert werden. Die Folge werde sein, dass weniger Proben untersucht werden, die Qualität der Lebensmittel- und Tierseuchenüberwachung nachlasse. „Auch eine Übertragung an Private bedeute keine Entlastung für den Landeshaushalt“, sagte Otto. Nach seinen Worten ist die staatliche Futtermittelüberwachung Brandenburgs in einem Gutachten mit der privat betriebenen Schleswig-Holsteins verglichen worden. Brandenburg habe mit Kosten von 315 000 Euro pro Jahr gegenüber 420 000 Euro in Schleswig-Holstein besser abgeschnitten. Vor den geplanten Einschnitten von 463 Stellen in der Justiz warnte Peter Schulz, Personalrat am Oberlandesgericht Brandenburg. Er prophezeite „noch längere Verfahrenszeiten“ und Wartezeiten auf Grundbucheinträge, zumal vor allem beim Verwaltungspersonal, beim nichtrichterlichen Personal gespart werde, die Richter selbst aber verschont blieben. „Die Richter können sofort mit der Verfassung winken.“
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