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Brandenburg: Anschlag aus Verbitterung

Prozess im Rockermilieu nach einem Mordanschlag. André S. sollte nur „ das Knie zertrümmert“ werden

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Berlin - Der bärtige Hüne saß starr hinter Panzerglas. Keine Lederkutte, sondern Sakko. Keine Rocker-Brüder auf den Zuhörerbänken. Es ist für Holger „Hocko“ B. vorbei mit dem Leben als Hells-Angels-Größe. Erst recht nachdem er das Schweigegelübde der Szene gebrochen und „Aufklärungshilfe auch bezüglich anderer Straftaten“ angeboten hat. Jetzt aber geht es um seine Schuld. Der Ex-Chef des Hells-Angels-Charters „Nomads“ steht nach einem Mordanschlag auf seinen Nachfolger André S. wegen Anstiftung vor Gericht. S. überlebte die Schüsse nur knapp.

Polizisten in kugelsicheren Westen waren aufmarschiert. Im Saal aber lief es ruhig. Der 52-jährige B. gab über seine Anwälte zwar Gewalt aus Rache zu. Mordpläne mit einem Killer aus Osteuropa aber bestritt er. Aus Verbitterung habe er den Auftrag erteilt, André S. anzugreifen und zu verletzen. „Mit einem Schlaghammer das Knie zertrümmern“ sei ihm vom Mitangeklagten Michael W. (64) angeboten worden. Nie sei vom Einsatz einer Pistole die Rede gewesen. „Als ich von dem Anschlag erfuhr, war ich wie vor den Kopf gestoßen.“

André S. kam gerade aus seiner Kneipe „Germanenhof“ in Hohenschönhausen und wollte seine Harley Davidson besteigen, als der Schütze abdrückte. Es waren sieben Schüsse, die am 10. Juni 2012 durch die Nacht hallten. Der Anschlag bereitete den Ermittlern anfangs Probleme. Selbst der angeschossene Chef der Hells Angels schwieg. Zunächst waren auch Machtkämpfe mit den Erzrivalen Bandidos vermutet worden. Fünf Monate später wurde „Hocko“ verhaftet.

Blutige Machtkämpfe. Im Herbst 2008 saß Holger B. noch selbst auf dem Chefsessel der „Nomads“. Aber während er im Urlaub war, wurde er abgewählt und aus dem Motorradklub ausgeschlossen. André S. stieg zum Boss auf. Der Ausgestoßene soll an seiner Rückkehr gearbeitet haben. Im Mai 2011 wurde „Hocko“ dann Ziel eines Anschlags. Er sei vor seinem Haus in Altlandsberg (Märkisch-Oderland) „wie ein Tier abgestochen“ worden, erklärte er nun. Er gehe davon aus, dass S. Drahtzieher war. Für eine „Bestrafungsaktion“ habe er 20 000 Euro an Vermittler W. gezahlt.

Aus Sicht der Staatsanwälte wollte der Ex-Rockerchef seine alte Machtposition zurückerlangen. Er soll über W., einen windigen Geschäftemacher aus Odessa, einen Mann namens „Oleg“ für 10 000 Euro Killerlohn angeheuert haben. Das bestritt nach Holger B. allerdings auch Michael W., dem versuchter Mord vorgeworfen wird. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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