Brandenburg: Arbeitgeber laden zu Sondierungsgespräch
Verdi kündigt Teilnahme an – Fronten bleiben trotzdem verhärtet / Streik schadet Berlins Image im Ausland
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Berlin - Selbst Gesprächsangebote sind derzeit nicht leicht zu übermitteln. Seit der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) am späten Montagnachmittag Verdi ein präzisiertes Angebot für die BVG-Beschäftigten zukommen ließ, hat Verdi gegenüber dem Arbeitgeber nicht reagiert. „Wir haben nichts mehr gehört“,sagte gestern KAV-Sprecherin Mona Finder. Verhandlungsführer Frank Bäsler war für die Verbands-Geschäftsführerin Claudia Pfeiffer nicht zu erreichen. „Dabei hatten wir gehofft, dass dieses Angebot wieder zur Verhandlungsbereitschaft Verdis führt und der Streik abgebrochen wird“, sagt Finder. Gestern legten die Arbeitgeber nach und luden zu einem Sondierungsgespräch für heute ein. Verdi hat die Teilnahme schon angekündigt.
Die Fronten sind dennoch weiter verhärtet. Verdi hält an der ebenfalls am Montag verkündeten Linie fest, kein Aussetzen des Arbeitskampfes in Aussicht zu stellen und sich die Option des unbefristeten Streiks offenzuhalten. Allerdings gilt es bei Beobachtern als wahrscheinlich, dass die Gewerkschaft am Wochenende den Streik aussetzen wird – um im April weiterzumachen. Denn dann könnte auch der bundesweite Arbeitskampf des öffentlichen Dienstes beginnen. Auch wenn die Tarifkonflikte direkt nichts miteinander zu tun haben, ist für Verdi ein zeitgleicher Ausstand bei Deutschlands größtem kommunalen Nahverkehrsbetrieb aus streiktaktischen Gründen nicht unwichtig.
Unterdessen hat SPD-Fraktionschef Michael Müller scharfe Kritik an der Gewerkschaft geübt. „Verdi überzieht ganz klar“, sagte Müller dieser Zeitung. Sowohl mit der Dauer des Streiks als auch mit den Forderungen für die Alt-Beschäftigten. Verdi müsse jetzt wieder an den Verhandlungstisch zurückkommen. Die Gewerkschaft habe als Bedingung immer genannt, dass die Arbeitgeber ein schriftliches Angebot machen müssten. „Das liegt jetzt vor“, sagte Müller. Jetzt könne man auch erwarten, dass Verdi zu seinem Wort stehe. Zudem seien die Forderung nach einer zwölfprozentigen Einkommenserhöhung auch für die Altbeschäftigten, die bis zu 900 Euro mehr verdienen als die nach 2005 eingestellten Kollegen, stark überhöht.
Inzwischen befürchtet die Berliner Tourismus Marketing GmbH (BTM), dass der Streik Berlin noch teurer zu stehen kommen könnte: Langfristig schadet der Streik dem Image der Stadt. Zwar sei nicht mit einem kurzfristigen Effekt in Form vermehrter Reisestornierungen zu rechnen, sagt Sprecher Christian Tänzler. „Die Gäste haben fest gebucht und wollen sich nicht den Urlaub versauen lassen.“ Die angekündigte Verlängerung des Streiks habe jedoch negative Auswirkungen auf die Berlin-Buchungen von Touristen und kratze sehr am Image der Hauptstadt, die unter anderem auch für ihre öffentlichen Verkehrsmittel bekannt ist. „Die BVG hat bisher einen hervorragenden Ruf genossen“, sagt Tänzler. „Sie gilt international als schnell, sauber, zuverlässig, vergleichsweise preisgünstig und fährt am Wochenende die Nacht durch.“
Doch je länger der Streik anhält, desto mehr kippt die Stimmung. „Langsam haben wir eine Reizschwelle erreicht“, sagt Tänzler. „Und es ist kein Ende in Sicht.“ Besonders ungünstig sei, dass „die Busse der Linie 100 und 200 inoffizielle Touristenrouten sind und mittlerweile in jedem Reiseführer stehen“, sagt Tänzler. Die Besucher würden sich ärgern, wenn dieses Angebot wegfalle. Der Streik sorge europa- und weltweit für ein schlechtes Renommee für Berlin, findet auch Sigrun Ahnert, Gästebetreuerin beim Touristikunternehmen Bex. Während der Internationalen Tourismusmesse habe der Streik einen erheblichen Imageschaden angerichtet, bestätigt Willy Weiland, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin. Ob jedoch über Ostern die Gäste fernbleiben, sei noch nicht abzusehen. Kneist/Wieland
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