Brandenburg: Auf dem Weg zu kahlen Straßen
Brandenburg will seine Alleen schützen – es werden aber mehr Straßenbäume gefällt als neu gepflanzt / Verschwindet Brandenburgs Markenzeichen?
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Brandenburg will seine Alleen schützen – es werden aber mehr Straßenbäume gefällt als neu gepflanzt / Verschwindet Brandenburgs Markenzeichen? Potsdam - Immer mehr Alleen – ein Markenzeichen Brandenburgs – verschwinden aus dem Landschaftsbild. Die „Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen“ legte gestern neueste Zahlen vor: Danach hat sich die Zahl der jährlichen Baumfällungen allein an Bundes- und Landesstraßen seit 2001 von rund 3000 auf 6600 im letzten Jahr verdoppelt. Dies sei nur die „Spitze des Eisbergs“, die Fällungen an kommunalen Straßen kämen hinzu. „Die Säge regiert“, so die Schutzgemeinschaft. Sie befürchtet, dass die Alleen in zehn bis 20 Jahren „großräumig verschwunden sind“. Ein Runderlass des Umwelt- und Verkehrsministeriums von 2000 sieht zwar Ausgleichspflanzungen im Verhältnis 1:1 vor, wird jedoch nicht umgesetzt. Deshalb nimmt das „Nachpflanzdefizit“ laut Schutzgemeinschaft rasant zu: So seien in den letzten vier Jahren 19000 Alleebäume an Bundes- und Landesstraßen gefällt, aber nur 12700 nachgepflanzt worden – das Defizit sei auf 6200 Bäume angewachsen. An einigen früheren Alleen stehe schon seit der Wende kein Baum mehr. Wegen der „alarmierenden Bilanz“ fordert die Schutzgemeinschaft von der Landesregierung Sofortmaßnahmen, so einen Alleenfonds zur Finanzierung der Nachpflanzungen. In diesen sollen wie in Mecklenburg-Vorpommern für jeden gefällten Baum 290 Euro eingezahlt werden, aber auch Spenden fließen. Infrastrukturminister Frank Szymanski (SPD) bestätigte die Zahlen, versicherte jedoch, dass verstärkt nachgepflanzt werde: Er habe angewiesen, dass 2005 an Bundes- und Landesstraßen 5000 Bäume gesetzt werden. Die Schutzgemeinschaft ist aufgrund bisheriger Erfahrungen skeptisch, ob das Ziel erreicht wird und das Defizit bei den Nachpflanzungen abgebaut werden kann – schon weil 2005 wieder mit Tausenden gefällten Bäume gerechnet werden muss. Sie spricht von einem „Systemfehler“: Nachpflanzungen würden aus den Topf „Unterhalt von Bundes- und Landestraßen“ finanziert, der schon für den eigentlichen Zweck nicht ausreicht. Szymanski selbst gibt zu, dass er nach Geldquellen suche: Er nannte die für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beim Straßenbau vorgesehenen Mittel sowie den Naturschutzfonds. „Die Alleen dürfen als wichtiges Kulturgut und touristische Attraktion nicht verschwinden“, betont der Minister, der auch die Bürokratie für die Lage verantwortlich macht: Die Genehmigungsverfahren für Nachpflanzungen, für die zum Teil Flächen gekauft werden müssen, seien kompliziert. „Hier muss sich etwas ändern.“ Dass willkürlich gefällt wird, bestritt Szymanski: Hauptgründe seien Bau- und Sicherheitsmaßnahmen. Naturschützer machen allerdings auch Tausalzeinsatz und unsachgemäße Pflege verantwortlich. Brandenburg ist das Bundesland mit den meisten Alleen – ihre Gesamtlänge wird auf 8000 bis 12000 Kilometer geschätzt (siehe Katen rechts). Sie wurden im 18. Jahrhundert von Friedrich Wilhelm I. als „verkehrssichernde Maßnahme“ angelegt. Um ihren Zustand zu dokumentieren hat die Schutzgemeinschaft gestern zu einem Fotowettbewerb „Alleen erleben“ aufgerufen, an dem sich jeder beteiligen kann. Weitere Informationen unter: www.bund-brandenburg.de
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