
© Bernd Settnik/lbn
Biosprit aus Algen: Auf der Suche nach der optimalen Alge
An der FH Lausitz in Senftenberg verwandeln Wissenschaftler klimaschädliches Kohlendioxid in wertvolle Biomasse. Die Arbeit jedoch erledigt die Natur.
Stand:
Senftenberg - Die Lösung klingt so einfach wie bestechend – zumindest in der Theorie: Anstatt klimaschädliches Kohlendioxid aus der Braunkohleverstromung in die Atmosphäre entweichen zu lassen oder es unter die Erde zu pumpen, macht man sich einfach die Photosynthese zunutze. Alles was man braucht ist Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO2), geeignete Algen und einen Photobioreaktor. Das Ergebnis ist garantiert umweltfreundlich und hat sogar noch wirtschaftliches Potenzial. Neben reinem Sauerstoff entsteht durch die Photosynthese unter künstlichem Licht Biomasse, aus der sich etwa Strom, Treibstoff oder Futtermittel gewinnen lassen. Seit Jahren wird die Herstellung von Algenbiomasse auch an der Fachhochschule Lausitz in Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) erforscht. Es ist gar nicht mal die Technologie, an der die Wissenschaftler primär tüfteln, sondern die Natur. „Wir sind auf der Suche nach der optimalen Alge“, sagt Professor Ingolf Petrick von der Fakultät für Naturwissenschaften.
Petrick zufolge sind derzeit weltweit rund 40 000 Algenarten bekannt. „Geschätzt gibt es bis zu 180 000 verschiedene Arten.“ Zahlreiche sogenannte Stämme haben die Lausitzer Wissenschaftler bereits auf ihre Eignung für die Umwandlung von CO2 in Sauerstoff und Biomasse getestet. Der Anspruch, den Petrick und sein Team an die optimale Alge stellen, ist nicht gerade klein: Sie soll schnell wachsen, einen hohen Fettsäuregehalt haben, da dieser für die Gewinnung von Biosprit notwendig ist. Ferner soll sie auch sogenanntes Rauchgas, also Kohlendioxid, das bei der Verstromung von Braunkohle freigesetzt wird und mit Schwermetallen angereichert ist, gut vertragen. Außerdem muss sie sich leicht ernten und gut weiterverarbeiten lassen. „Das Nonplusultra haben wir noch nicht gefunden“, räumt Petrick ein.
Das Forschungsprojekt der Lausitzer wird vom Land Brandenburg gefördert. Gerade erst konnte dank einer Finanzspritze aus Potsdam das Labor der Algenforscher umgebaut und mit zusätzlicher Technik ausgestattet werden. Insgesamt erhielt die Fachhochschule für das Projekt 215 000 Euro vom Landes-Wirtschaftsministerium. Das Geld stammt aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, das gemäß eines Beschlusses der Landesregierung für Energieforschungsprojekte genutzt werden soll. Angeschafft wurden in Senftenberg etwa ein Thermolyse-Versuchsstand zur weiteren Aufspaltung der Biomasse und eine Extraktions-Testanlage zur Gewinnung von Algenöl. Am Montag wurde das erweiterte Labor offiziell in Betrieb genommen.
An Algen geforscht wird im Land Brandenburg auch an der Hochschule Wildau, der Universität Potsdam und am Institut für Getreideforschung in Potsdam-Rehbrücke. Die Landesregierung erhofft sich von den Algen einen Beitrag zur Lösung des kniffligen Energieproblems. Zum einen stellt sich nach dem absehbaren Scheitern der Abscheidung und unterirdischen Speicherung von CO2 in Brandenburg die Frage, was künftig mit dem Kohlendioxid passieren soll, dass bei der umstrittenen Verstromung der Braunkohle in der Lausitz anfällt. Andererseits wird der Nachschub nachwachsender Rohstoffe für die Gewinnung von Biosprit immer mehr zum Problem, zumal die Zahl der Biogasanlagen im Land Brandenburg in den vergangenen Jahren rasant gestiegen ist. Die ersten Ergebnisse der Lausitzer Wissenschaftler stimmen Brandenburgs Wirtschafts- und Europastaatssekretär Henning Heidemanns optimistisch: „Die mögliche Energieausbeute aus Algenkulturen pro Hektar kann um den Faktor 40 bis 50 höher ausfallen als bei herkömmlichen Energiepflanzen wie Raps oder Mais.“ Gerade erst hatte zudem Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) vor dem Hintergrund der Debatte um die weitere Braunkohlenutzung angekündigt, Forschungsansätze zur stofflichen Verwertung von CO2 künftig stärker unterstützen zu wollen.
Die Algenforscher aus Senftenberg allerdings konzentrieren sich weniger auf die Rettung der Lausitzer Braunkohle, als auf die Gewinnung von Biosprit für Flugzeuge. „Wir wollen zum Kerosin. Das ist ein treibender Markt“, meint Professor Ingolf Petrick. „Algen stecken voller Fettsäure, die wir nur aus ihnen herauspressen müssen. Nach der Beimischung von Alkohol steht das fertige Kerosin bereit“, erläutert der Forscher. Noch aber ist die Herstellung des Algen-Flugbezins nicht effizient genug. Aus zwei Tonnen CO2 gewinnen die Lausitzer zwar eine Tonne Biomasse, aber nur 30 Kilogramm Kerosin. „Das ist sehr wenig“, räumt Petrick ein. Der Lausitzer Algenforscher ist jedoch guter Dinge. In fünf bis zehn Jahren, so schätzt er, sei die Technologie reif für die industrielle Anwendung. Vorausgesetzt, Petrick findet die optimale Alge.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: