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Brandenburg: Aufenthaltsgenehmigung

Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg darf die Gerhart-Hauptmann-Schule nicht einfach so räumen lassen – das geht nur übers Zivilgericht

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Berlin - Seit Ende 2012 besetzt eine Gruppe von Flüchtlingen die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg – und offenbar bleibt es zunächst dabei. Das entschied das Verwaltungsgericht Berlin am Freitagmittag. Da der Bezirk mit den Flüchtlingen eine Art zivilrechtliche Vereinbarung getroffen habe, müsse er auch beim Zivilgericht gegen jeden einzelnen der im Haus lebenden Flüchtlinge eine Räumungsklage führen.

Der Bezirk hatte im Februar den Flüchtlingen Räumungsbescheide zugestellt und sie aufgefordert, bis zum 19. März die Schule zu verlassen. Gegen diese Bescheide haben die Flüchtlinge nun erfolgreich einen Eilantrag gestellt – das Gericht begründet den Beschluss unter anderem damit, dass „viel für die Rechtswidrigkeit“ der Räumungsanordnung des Bezirks spreche.

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts unter Wilfried Peters, die schon häufiger mit dem Thema zu tun hatte, erklärte: Das ehemalige Schulgebäude sei keine öffentliche Einrichtung mehr und diene keinem unmittelbaren öffentlichen Zweck. Zudem sei unklar, ob das Bezirksamt den Aufenthalt der Flüchtlinge im Gebäude nicht durch verschiedene Vereinbarungen erlaubt habe.

Sascha Langenbach, Sprecher des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, sagte dieser Zeitung, der Bezirk werde den zivilrechtlichen Weg prüfen, genauso wie die Option, gegen den Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen. Nächste Woche wolle das Bezirksamt eine Entscheidung treffen. Aber bereits vorher hatte Langenbach klargestellt: „Beide Seiten können die nächsthöhere Instanz anrufen.“

Die Schule frei zu bekommen, um sie zu einem internationalen Flüchtlingszentrum umzubauen, bleibe das Ziel des Bezirks. Die Immobilie eigne sich nicht „zum temporären oder dauerhaften Wohnen von Menschen“. Aber: „Solange weiterhin Menschen in der Schule leben, gibt es keine Chance, dort auch nur Teilarbeiten vorzunehmen.“

Im Juli 2014 war der Konflikt zwischen Bezirk und Flüchtlingen eskaliert. Der Bezirk hatte angekündigt, die Schule räumen zu lassen, worauf Flüchtlinge mit Selbstmord gedroht hatten. Um die Situation zu beruhigen, hatten Baustadtrat Hans Panhoff und Finanzstadträtin Jana Borkamp (beide Grüne) mit den Flüchtlingen verschiedene Einigungspapiere unterzeichnet, die den Flüchtlingen erlaubten, zumindest in bestimmten Gebäudeteilen wohnen zu bleiben. Zudem hatte der Bezirk den Bewohnern Hausausweise ausgestellt. Wie schon andere Gerichte zuvor sah auch jetzt das Verwaltungsgericht diese Dokumente als Erlaubnis des Bezirks an die Flüchtlinge, im Gebäude wohnen zu bleiben.

Aktuell gebe es keinen Kontakt mit den Bewohnern der Schule, abgesehen von den gerichtlichen Auseinandersetzungen, sagte Langenbach. Ihm zufolge leben derzeit noch etwa 20 Menschen in der Schule, ein Pressesprecher des Verwaltungsgerichts sprach indes von knapp 30 eingegangenen Eilanträgen. Das Sicherheitsrisiko, auch für die Anwohner, sei hoch, sagte Langenbach. Dass das Gericht dieser Auffassung nicht gefolgt sei, „akzeptieren wir“. Mangels Küche kochen demzufolge die Bewohner in der Schule über offenem Feuer.

Schon vor der Entscheidung am Freitag waren die Flüchtlinge aus der Schule immer wieder gegen den Bezirk vor Gericht erfolgreich. Allein in diesem Jahr sind dem Bezirk durch die Situation Kosten in Höhe von 460 000 Euro entstanden – für Wachschutz, Instandhaltung, Müllabfuhr. Der Polizeieinsatz im Juli 2014 hatte nach Angaben der Innenverwaltung mehr als fünf Millionen Euro gekostet. Für eine Räumung der Schule wäre ein erneuter massiver Polizeieinsatz erforderlich.

Auch die Gerichte mussten sich immer wieder mit verschiedenen Aspekten der Thematik befassen – sei es mit der Frage, ob den Protestierenden bei einer anderen Dach-Besetzung Essen auf das Dach gebracht werden durfte, sei es mit jener, welches Gericht überhaupt in der Räumungsfrage zuständig ist, sei es mit der Abschiebung einzelner Flüchtlinge. Weitere Verfahren sind zu erwarten.

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