zum Hauptinhalt

Brandenburg: Aus dem Dunkelfeld

Die Zahl der Korruptionsverfahren bleibt auf einem relativ hohen Niveau. Das liegt an den intensiven Ermittlungen in Brandenburg

Stand:

Potsdam - Erst am Montag hat die SPD Brandenburg im Kreis Teltow-Fläming erfahren, welche bitteren Folgen Korrumpierbarkeit haben kann: den Verlust der Macht. Denn dass mit Kornelia Wehlan erstmals eine Politikerin der Linken zur Landrätin in Brandenburg gewählt wurde und die SPD so ihren Vorzeigelandkreis verlor, liegt auch an den Korruptionsaffären um Ex-Landrat Peer Giesecke und Frank Gerhard, der für die SPD im April noch erfolglos gegen Wehlan angetreten war. Der SPD-Politiker Frank Gerhard hatte sich 2010 von einer Schweizer Firma zu einer Kurzreise einladen lassen. Galadinner, Luxusreise, Opernbesuch und Champagnerempfang inklusive.

Gerhards Korruptionsverfahren war nur eines von vielen in Brandenburg: 308 Korruptionsverfahren waren es im vergangenen Jahr. „Das ist etwas weniger als im Vorjahr – aber mehr als in den Jahren zuvor“, sagt Oberstaatsanwalt Frank Winter, der in Neuruppin die landesweite Schwerpunktabteilung für Korruption leitet. Schon im Jahr 2011 gab es laut Staatsanwaltschaft mehr als 300 Korruptionsverfahren. 335 Verfahren waren es damals.

Oberstaatsanwalt Winter zufolge zeigt der Anstieg der Korruptionsverfahren, dass es Staatsanwaltschaft und Polizei immer besser gelingt, die Fälle aus dem Dunkelfeld, also dem Bereich der unentdeckten Straftaten, zu holen. Dies belege aber keinen Anstieg von Korruption. Dem stimmt Gisela Rüß, Leiterin der Arbeitsgruppe Bundes- und Landesverwaltung von Transparency International, zu. Sie hat den Eindruck, dass in Brandenburg intensiver ermittelt wird als in anderen Bundesländern. „Berlin hat zum Beispiel viel, viel weniger Verfahren. Ich glaube aber nicht, dass die Beamten in Brandenburg korrupter sind als in Berlin.“ Ein Unterschied von mehreren Hundert Korruptionsfällen zwischen Brandenburg und Berlin – oder anderen ostdeutschen Bundesländern – findet Rüß erstaunlich. „Offensichtlich setzt man in den Bundesländern unterschiedliche Prioritäten.“ Rüß weist darauf hin, dass die Landesbehörden in Brandenburg etwa im Unterschied zu Nordrhein-Westfalen auch Ansprechpartner für Korruptionsprävention haben.

Nach Informationen dieser Zeitung gibt es am Amtsgericht Prenzlau aktuell ein Verfahren wegen Abgeordnetenbestechung. Dem Angeklagten Oliver Sajons, einem Stadtverordneten der Stadt Templin, wird vorgeworfen, seine Stimme verkauft zu haben. Während einer Sitzung zum Verkauf eines Wasserturms in Templin hat der Stadtverordnete laut Anklageschrift einem Gastronom, der am Kauf des Wasserturms interessiert war, einen Deal angeboten: Der Stadtverordnete wolle für einen Verkauf des Wasserturms an den Gastronom stimmen, falls dieser im Gegenzug dessen Gasthof günstig an den Stadtverordneten verkaufen würde. Dem Angeklagten drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis, ein Termin für die Verhandlung am Amtsgericht steht jedoch noch nicht fest.

Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ist erfahrungsgemäß nur schwer zu belegen, da dafür nachgewiesen werden muss, dass die Bestechung eines Abgeordneten dessen Verhalten bei einer bestimmten Wahl oder Abstimmung beeinflusst hat. Gisela Rüß von Transparency International sagt: „Eine Verschärfung des Straftatbestands scheitert am Deutschen Bundestag und dort insbesondere an der FDP.“ Die FDP, so Rüß, habe Angst, dass die Freiheit der Abgeordneten eingeschränkt werden könne. Diese Befürchtung könne sie nicht nachvollziehen.

Laut dem noch unveröffentlichten Lagebild 2012 des Landeskriminalamts zur Korruptionskriminalität gab es im Jahr 2012 in Brandenburg elf Korruptionsstraftaten wegen Abgeordnetenbestechung. Damit hat sich die Anzahl der Straftaten wegen Abgeordnetenbestechung im Vergleich zum Vorjahr, als es noch drei waren, fast vervierfacht. Bei der Statistik des Landeskriminalamts werden aber auch Anzeigen mitgezählt, die zu keinen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geführt haben. Bundestags- und Landtagsabgeordnete sind von Abgeordnetenbestechung nicht betroffen. Korruption ist weiter am häufigsten in der allgemeinen öffentlichen Verwaltung zu finden. Andreas Maisch (mit dpa)

Andreas Maisch (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })