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Brandenburg: Aus der Mikwe wird ein Museum

In Schwedt wird jüdisches Ritualbad saniert

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Schwedt/Oder - Jahrzehntelang war die Mikwe der Öffentlichkeit so gut wie nie zugänglich. Jetzt wird sie saniert und in ein Museum umgewandelt: die Mikwe in der ostuckermärkischen Stadt Schwedt, das ehemalige Ritualbad der jüdischen Gemeinde. Das unterirdische, nur mit einer Kuppel aus dem Boden ragende Gebäude wurde zwischen 1869 und 1871 direkt neben der Synagoge errichtet. „Heute ist es das einzige Bauwerk, das neben dem noch relativ gut erhaltenen jüdischen Friedhof an das Leben in der einst relativ großen jüdischen Gemeinde des Ortes erinnert“, sagt Stadtsprecherin Corinna Müller.

Zu DDR-Zeiten hatte der ehemalige Schwedter Stadtarchitekt Eckhard Tattermusch das Gelände mit dem Ritualbad gepachtet und vor der Öffentlichkeit verschlossen. Der Mann wachte eifersüchtig über „sein“ Ritualbad. Es beispielsweise zum Tag des offenen Denkmals für die Schwedter und ihre Gäste zugänglich zu machen, kostete die Stadt jedes Mal große Überredungskunst. Doch letztlich bewahrte Tattermusch das Denkmal und schützte es vor einer Zerstörung, wie Müller betont. Das sei in Schwedt, wo während der Umgestaltung zur sozialistischen Industriestadt viele Denkmale den Plattenbausiedlungen weichen mussten, nicht selbstverständlich gewesen.

Gestern rücken nun die Baufahrzeuge an, um mit der Rekonstruktion der Mikwe zu beginnen. Oberirdisch entsteht ein zweites Gebäude, das künftig die ständige Ausstellung zur jüdischen Geschichte der Stadt beherbergen soll. Die Schau wird vom Stadtmuseum erarbeitet. Die Sanierung werde 360 000 Euro kosten, sagt Müller. Das Projekt wird von Bund und Land sowie weiteren Sponsoren unterstützt.

In die geplante Ausstellung werden die Ergebnisse eines Forschungsprojektes einfließen, das die Universität Potsdam derzeit auf dem jüdischen Friedhof in Schwedt vorantreibt. Mitarbeiter des Zentrums für jüdische Studien sind gemeinsam mit freien Wissenschaftlern auf diesem und anderen jüdischen Friedhöfen in Brandenburg unterwegs. Sie erfassen, wie berichtet, die Bestände und fotografieren und katalogisieren die Grabsteine.

Die Synagoge der Stadt war 1862 eingeweiht worden. Sie wurde in der Pogromnacht vom 9. November 1938 geplündert und zerstört. Die Ruine wurde später vollständig abgetragen. Juliane Sommer

Juliane Sommer

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