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Brandenburg: Außerparlamentarische Klima-Allianz in Berlin

Naturschützer, Mieterverein und IHK legen eigenen Gesetzentwurf für Klimaschutz in vier Stufen vor

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Drei Entwürfe für das umstrittene Klimaschutzgesetz von Berlins Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) wurden bisher verworfen. Der vierte Versuch wird in der Berliner Senatsverwaltung derzeit abgestimmt. Ob das rot-rote Projekt noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird, ist offen. In der Hauptstadt-SPD reagiert man skeptisch. „Wir schauen uns die Vorlage an“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) am Dienstag. „Berlin muss mit der energetischen Gebäudesanierung Vorbild sein.“ Auch der Mieterschutz müsse gesichert sein. Lompscher sieht sich auch außerhalb der Koalition mit einer Allianz von Kritikern konfrontiert.

Der Umweltverband BUND, der Mieterverein und die Industrie- und Handelskammer präsentierten am Dienstag ein Modell, das den Berliner Gebäudebestand klimafreundlicher machen soll. Denn dessen Beheizung ist der größte Einzelposten in der Energie- und Treibhausbilanz. Der entscheidende Punkt im gemeinsamen Vorschlag sind die langfristig festgelegten Grenzwerte für Energiebedarf und Kohlendioxidausstoß des Gebäudes. Das bedeutet: Wer mit besonders klimaschädlichen Brennstoffen wie Kohle heizt, muss mehr tun als jemand, der eine relativ klimafreundliche Erdgastherme betreibt, die für dieselbe Energiemenge weniger CO2 in die Luft bläst. Der Hausbesitzer kann sich dabei aussuchen, ob er in die Dämmung investiert oder in eine effektivere Energieversorgung – oder in beides. Dagegen konzentriert sich der Gesetzentwurf der Umweltsenatorin auf das Alter der Heizungsanlagen.

Nach dem Gesetzentwurf der Verbände soll die erste Stufe 2015 in Kraft treten. Sie sieht für den Energiebedarf einen Grenzwert von 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr vor – oder für den Klimaeffekt 75 Kilogramm CO2-Ausstoß pro Quadratmeter und Jahr. Zum Vergleich: Ein unsaniertes, vor 1984 gebautes Mehrfamilienhaus frisst im Schnitt rund 223 Kilowattstunden Energie pro Quadratmeter und Jahr. Ein vergleichbares Einfamilienhaus ist mit 268 Kilowattstunden noch schlechter. Der Unterschied ist konstruktionsbedingt, weil das Einfamilienhaus im Verhältnis mehr Außenwände hat. Dies berücksichtigt das Stufenmodell durch Bonusregelungen: Bei freistehenden Einfamilienhäusern werden 40 Prozent Mehrbedarf gegenüber einem Reihenhaus mit mehr als 500 Quadratmeter Nutzfläche akzeptiert. Für Doppelhäuser und freistehende Mehrfamilienhäuser soll ein Zuschlag von 20 Prozent gelten.

Der Grenzwert von 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter erfasst nur die schlimmsten Energieverschwender. In der zweiten Stufe schlagen die Verbände eine Grenze von 160 Kilowattstunden bzw. 60 Kilogramm CO2 vor. Sie soll ab 2020 gelten. Fünf Jahre später träte mit 120 Kilowattstunden bzw. 50 Kilo CO2 die dritte Stufe in Kraft, im Jahr 2030 sollen nur noch 80 Kilowattstunden bzw. 36 Kilo CO2 pro Quadratmeter und Jahr erlaubt sein. Nach den Berechnungen der Experten bedeutet das gegenüber dem heutigen Stand eine Energieeinsparung von 46 Prozent – und die Vermeidung von jährlich 2,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das sind mehr als ein Zehntel aller Berliner Emissionen. Gut sanierte Plattenbauten und neue Einfamilienhäuser erreichen diese Werte schon jetzt. Für Industrie- und Verwaltungsgebäude enthält das Konzept vergleichbare Stufen.

Dass das Stufenmodell neben dem Umweltverband auch der Wirtschaft und dem Mieterverein sympathisch ist, liegt einerseits an der langfristigen Planungssicherheit. Außerdem gehört zum Entwurf eine Härtefallregelung: In keinem Fall darf die Miete durch die Modernisierungsumlage um mehr als das Dreifache der eingesparten Heizkosten steigen. Jetzt müssen sich Umweltverwaltung und die rot-rote Koalition entscheiden, ob sie den Entwurf übernehmen. Die SPD hat mehrfach durchblicken lassen, dass sie das Stufenmodell für das beste hält. S.Jacobs,

S. Beikler, U. Zawatka-Gerlach

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