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Entsorgt. Eine Polizistin untersucht die im Wald gefundenen Särge.

© dpa

Brandenburg: Autoknacker auf Abwegen

Nach dem spektakulären Diebstahl eines Autos mit zwölf Leichen wurden die Täter nun verurteilt

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Warschau/Posen - Für die Hinterbliebenen muss die Tat ein Alptraum gewesen sein: Ein Angehöriger stirbt, und dann stiehlt jemand auch noch seinen Leichnam. Zwar hatten es die Täter offenbar nur auf den Transporter abgesehen. Für ihr Vergehen müssen sie jetzt aber ins Gefängnis. Denn alle Unschuldsbeteuerungen halfen nichts: Die Richterin des Posener Amtsgerichtes folgte in ihrem Urteil ganz den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die drei Männer im Alter von 23 bis 27 Jahren, die im vergangenen Oktober in Hoppegarten bei Berlin einen Wagen mit zwölf Särgen mit Leichen stahlen, müssen zwei bis vier Jahre in Haft. Außerdem muss jeder von ihnen dem geschädigten Unternehmer eine Entschädigung von 16 000 Zloty (etwa 4000 Euro) zahlen.

Der Diebstahl der Särge, die eigentlich aus Hoppegarten in ein Krematorium in Meißen transportiert werden sollten, hatte im vergangenen Herbst tagelang Schlagzeilen gemacht und einen grenzübergreifenden Großeinsatz der deutschen und der polnischen Polizei ausgelöst. Bis an die litauische Grenze wurde nach den vermissten Leichen gefahndet.

Für die Hinterbliebenen der Toten muss die Ungewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen eine Qual gewesen sein. Doch die Entdeckung der Särge war wohl auch für die Diebe ein Schock. Dass sie wissentlich Leichen gestohlen hatten, glaubte auch die Richterin nicht. Aus genau diesem Grund musste sich das Trio auch nicht wegen der Störung der Totenruhe verantworten, sondern nur wegen Einbruchs und Diebstahls.

Keiner der seit dem vergangenen Herbst in Untersuchungshaft sitzenden Männer war bei Bekanntgabe des Urteils im Gericht. Vielleicht ahnte das einschlägig vorbestrafte Trio, dass die Beteuerung, sie seien doch nur für den Transport der insgesamt drei gestohlenen Wagen über die deutsch-polnische Grenze angeheuert worden, dem Gericht wenig glaubhaft erscheinen würde. Dass es sich um gestohlene Wagen handelte, will keiner der Männer gewusst haben. Staatsanwalt Michal Prauzinski hatte das in seinem Plädoyer ganz anders gesehen. „Sie wussten lediglich nicht, dass in einem der Fahrzeuge Särge mit zwölf Leichen waren“, sagte er damals.

Die Verteidiger hatten die Angeklagten als gutgläubige Opfer hingestellt, die nun obendrein unter dem öffentlichen Interesse am Prozess um den „Leichendiebstahl“ litten. Die Berichterstattung einiger Medien behindere eine objektive Verhandlung, klagten sie und plädierten auf Freispruch. Ein vierter Mittäter, der ein Geständnis abgelegt hatte und dafür schon vor einigen Monaten mit einer elfmonatigen Freiheitsstrafe davongekommen war, hatte da schon eher die erfolgreichere Taktik gewählt. Der mutmaßliche Drahtzieher des Diebstahls dagegen ist immer noch auf freiem Fuß. Nach ihm wird europaweit gefahndet. Der Bandenboss soll es auch gewesen sein, der seinerzeit die Anordnung gab, die Särge in einem Waldgebiet in der Nähe von Posen auszuladen. Dort wurden sie gut eine Woche nach dem Diebstahl gefunden. Eva Krafczyk

Eva Krafczyk

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