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Von Jörn Hasselmann: Autonome wollen Hubschrauber attackieren

Aufgeheizte Stimmung vor geplanter Räumung / Linke Szene hält Polizei stadtweit in Atem

Stand:

Berlin - Vor der Räumung des Besetzten Hauses in der Berliner Liebigstraße 14 kommt die Polizei nicht zur Ruhe: Nach der gewalttätigen Demonstration am Samstag, besetzten Aktivisten am späten Sonntagabend ein leer stehendes Haus in der Neuen Bahnhofstraße in Berlin-Friedrichshain. Nach zwei Stunden drangen Polizisten ein, begleiteten zwölf Besetzer ins Freie und erteilten ihnen Platzverweise. Ein Mann wurde wegen Widerstandes festgenommen. Nach Angaben der Besetzer steht das Haus seit Jahren leer. Außerdem warfen Autonome in der Nacht zu Montag in verschiedenen Bezirken Scheiben von Immobilienfirmen, Banken und Behörden ein, sie warfen Farbeier und schmierten Parolen. Nach den Krawallen am Sonnabend wurden am Montag alle 17 festgenommenen Demonstranten wieder auf freiem Fuß gesetzt. Das teilte die Berliner Polizei am Montagabend mit. Gegen drei Menschen wurden Haftbefehle erlassen, deren Vollzug aber unter Auflagen ausgesetzt wurde.

Am Montagabend fand in Charlottenburg eine Demonstration gegen die Räumung statt. Die gewünschte Route über den Kurfürstendamm hatte die Polizei aus Sicherheitsgründen verboten. Stattdessen zogen etwa 200 Autonome bis zum Rathaus Kreuzberg. Dort endete die von starken Polizeikräften begleitete Kundgebung. Nach dem Gewaltausbruch bei der großen Liebig-Demo am Wochenende ist die Polizei gewarnt. Am Montag riefen Aktivisten im Internet dazu auf, Laserpointer nicht nur auf Beamte, sondern auch auf die Piloten der Polizeihubschrauber zu richten. Dies gilt strafrechtlich als gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr und kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Der bei der Demo erstmals auf Polizisten gerichtete Laserstrahler konnte bislang nicht beschlagnahmt werden. Da die Szene seit Wochen europaweit mobilisiert, erwartet die Polizei die Anreise zahlreicher Sympathisanten aus anderen Bundesländern und auch aus dem Ausland. Mittlerweile hat es in zahlreichen Städten – darunter Potsdam – Solidaritätsaktionen gegeben, überwiegend Farbschmierereien. Im Polizeipräsidium hieß es, es nicht einzuschätzen, wie gewalttätig die Szene versuchen wird, die Räumung zu stören. Die Liebig- und die Rigaer Straße dürften frühzeitig gesperrt werden, danach werden Spezialeinheiten die Dächer der Kreuzung sichern, um zu verhindern, dass die Beamten mit Pflastersteinen beworfen werden. Da „stadtweite Aktionen“ von der linken Szene angekündigt sind, sollen etwa 2000 Polizisten eingesetzt werden.

Die Bewohner des in der Szene als „Liebig 14“ oder „L 14“ bekannten Hauses hatten vor eineinhalb Jahren den letzten Prozess um die Gültigkeit ihrer Mietverträge verloren. Vor drei Wochen wurde den Bewohnern der Räumungstermin mitgeteilt. Der zuständige Gerichtsvollzieher bestätigte gestern, dass das Haus am Mittwoch um 8 Uhr früh geräumt wird, „das wird nicht verschoben, wieso auch?“ Unbekannte hatten in der Nacht zu Freitag das Büro des Gerichtsvollziehers in Lichtenberg attackiert, mit Pflastersteinen zerstörten sie sechs Scheiben im Erdgeschoss und schmierten „L 14 verteidigen“ an die Wand. Am heutigen Dienstag wollen die Bewohner der Liebig 14 in einer Pressekonferenz ihre Sicht der Dinge darlegen. Am Wochenende hatten sie mitgeteilt, dass „die in den Räumungstiteln genannten Personen schon seit vielen Jahren nicht mehr im Haus leben“ und die Räumung deshalb „illegal“ sei. Juristisch sei dies belanglos, hieß es bei Experten.

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