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Keine Privatsache. Kreuzbergs grüne Bürgermeisterin Monika Herrmann hat sich stets für Flüchtlinge eingesetzt. Nun wird sie wohl von deren Unterstützern privat bedrängt.

© Imago

Brandenburg: Autonomer Angriff

Die autonome Szene in Kreuzberg geht Bürgermeisterin Monika Herrmann immer aggressiver an. Am Sonntagabend beschmierten Unbekannte ihren Hausflur und stellten Umzugskartons vor ihre Tür

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Berlin - Innensenator Frank Henkel (CDU) liegt mit Kreuzbergs Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) im Dauerstreit – zu unversöhnlich sind ihre Positionen beim Umgang mit den Flüchtlingsprotesten in Kreuzberg. Doch am Montag schickte Henkel – genauso wie andere Politiker aus CDU und SPD, von den Grünen und der Linkspartei – eine Solidaritätsadresse an seine Kollegin: „Auch wenn wir häufig inhaltliche Differenzen haben, gilt hier ganz klar: Politiker einzuschüchtern ist kein Weg der politischen Auseinandersetzung. Ich verurteile den Angriff auf Frau Herrmann in ihrem Wohnhaus und rufe alle demokratischen Kräfte auf, sich gegen diese Form der Auseinandersetzung zu stellen.“

Klare Worte des Innensenators – wohl auch, weil er eine ähnliche Situation kennt: Vor seinem Haus in Weißensee gab es im Frühjahr Proteste von Flüchtlingsaktivisten, nachdem seine Privatanschrift bekannt wurde. In Herrmanns Fall gingen die unbekannten, offenbar aus dem linksautonomen Spektrum stammenden Täter aber noch einen Schritt weiter: Sie verschafften sich am vergangenen Sonntagabend Zutritt zu Herrmanns Wohnhaus in Kreuzberg, plakatierten die Wände im Flur des Altbaus mit Fotos von überfüllten Flüchtlingsbooten und sprühten Slogans daneben. Vor Herrmanns Wohnungstür türmten sie einen Haufen leerer Umzugskartons auf – eine kaum verhohlene Drohung an die Bürgermeisterin, aus Kreuzberg zu verschwinden. Eine Nachbarin bemerkte den Anschlag gegen 18.15 Uhr, holte die Polizei und stellte Anzeige wegen Sachbeschädigung. Herrmann selbst war nach Auskunft des Bezirksamtssprechers Sascha Langenbach nicht in ihrer Wohnung, kam aber wenig später nach Hause. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Offenbar verlegt sich ein kleiner, radikaler Teil der Szene darauf, Politiker in ihrem direkten privaten Umfeld anzugehen und mit krimineller Energie unter Druck zu setzen. Auf dem Internetportal linksunten.indymedia.org bekannte sich eine „Autonome Zelle Umzug“ kurz nach der Tat zu dem sogenannten „antirassistischen Adventsbesuch“ bei Herrmann und veröffentlichte Fotos der Aktion. Der Angriff wird mit dem „perfiden Spiel“ begründet, das Herrmann aus Sicht der Verfasser mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz und der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule treibe. Ihr wird die mangelnde politische Unterstützung der Flüchtlingsproteste vorgeworfen – dafür solle Herrmann nun „ganz persönlich zur Verantwortung“ gezogen werden. Die Privatanschrift Herrmanns ist seit dem Sommer bekannt; sie wurde über soziale Netzwerke im Internet verbreitet. Wie auch bei Henkel fand schon damals eine Protestaktion direkt vor Herrmanns Wohnhaus statt. Herrmann erhielt Morddrohungen und stand während der Auseinandersetzungen um die Teilräumung der Gerhart-Hauptmann-Schule Ende Juni/Anfang Juli zwischenzeitlich unter Polizeischutz. Auch Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) geriet in den Fokus der Extremisten; vor seiner Haustür ging ein Auto in Flammen auf.

Herrmann selbst gab sich am Montag betroffen, aber kämpferisch: „Ich habe in der Vergangenheit keine harten politischen Auseinandersetzungen gescheut – das Eindringen in meine Privatsphäre ist aber inakzeptabel“, ließ sie über den Bezirk mitteilen. Die Bürgermeisterin sei am Montag wie gewohnt zum Dienst erschienen und habe ihre Termine wahrgenommen, berichtete Langenbach. Unklar ist, ob die Bürgermeisterin wieder unter Polizeischutz steht – weder Bezirksamt noch Polizei wollten sich dazu äußern.

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