Fachkräftemangel: Baaske: Betriebe bilden zu wenig aus
Obwohl Fachkräfte in der Hauptstadtregion dringend gesucht werden, bilden deutlich weniger Unternehmen im Land Brandenburg aus, als dafür zugelassen sind.
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Potsdam - Nach einer Umfrage des Berliner Instituts für sozialökonomische Strukturanalysen (Söstra) unter landesweit knapp 1000 Unternehmern im Auftrag des brandenburgischen Arbeitsministeriums bildeten 2011 lediglich 42 Prozent der Ausbildungsbetriebe Lehrlinge aus. „Das muss sich dringend ändern. Auch wenn die Schülerzahlen sinken, brauchen wir mehr Ausbildungsplätze. Das klingt zwar paradox – aber wenn Jugendliche ihren Traumberuf nicht in Brandenburg lernen können, ist die Gefahr groß, dass sie die Heimat verlassen“, forderte Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) am Mittwoch in Potsdam bei der Vorstellung des Betriebspanel Brandenburg 2011.
Nach Einschätzung von Brandenburg und Berlin werden im Jahr 2015 bereits 273 000 Arbeitsplätze in der Region nicht besetzt werden können, weil es an qualifizierten Arbeitnehmern fehlt. In einigen Branchen zeigen sich laut Baaske bereits heute deutliche Engpässe. Im ersten Halbjahr 2011 seien 27 Prozent der von den Betrieben ausgeschriebenen Stellen unbesetzt geblieben – sechs Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, sagte Baaske. Bei den Kleinstbetrieben seien sogar 57 Prozent gewesen. Den Angaben der Söstra-Autoren zufolge herrschte 2011 sogar in allen Branchen ein Mangel an Fachkräften.
Nachholbedarf sieht Baaske zudem bei der Weiterbildung von niedrig qualifizierten und älteren Arbeitnehmern. Da aufgrund des Geburtenknicks zu Beginn der 1990er Jahre heute weniger junge Leute in die Unternehmen nachrückten, müssten die Fachkräfte in den Unternehmen weitergebildet und möglichst bis zur Rente gehalten werden. Söstra-Expertin Vera Dahms wies darauf hin, dass die Belegschaften in den Betrieben deutschlandweit überaltern. Im Osten verlaufe die Entwicklung noch dynamischer. Beschäftigte im Jahr 2002 nur die Hälfte der Betriebe Mitarbeiter über 50, waren es 2011 bereits drei Viertel.
Baaske warb angesichts des Fachkräftebedarfs erneut für eine bessere Bezahlung. Der monatliche Bruttolohn lag der Studie zufolge im Juni 2011 bei 1960 Euro. Das waren zwar 80 Euro mehr als im Vorjahr, aber nur etwa 80 Prozent der Westniveaus. Das sei im Wettbewerb um gut ausgebildete junge Menschen zu wenig, unterstrich der Minister. Dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge verdienen 13 Prozent der Berliner unter 8,50 Euro pro Stunde. In Brandenburg seien es sogar 21 Prozent.
Bei Kammern und Wirtschaftsverbänden stieß Baaskes Kritik auf Unverständnis. „Alleine in unserem Kammerbezirk gibt es derzeit rund 800 unbesetzte Stellen“, meinte Detlef Gottschling, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Einen Ausbildungsplatz einzurichten bedeute für die Unternehmen einen erheblichen Aufwand. „Dann ist der Ausbildungsplatz da und es kommt gar keiner“, so Gottschling. Das sei doch frustrierend.
Klaus-Dieter Teufel, Vize-Chef der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), warnt zudem vor Pauschalisierungen: „Man kann nicht alle Branchen in einen Topf werfen. Warum sollte ein Betrieb, der nur hochqualifizierte Akademiker gebrauchen kann, ausbilden?“ S. Fischer, M. Matern
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