Brandenburg: Bauingenieure kämpfen gegen Korruption
In Ermittlungsgruppe arbeiten Fachleute mit / Zahl der Verfahren ist seit 2001 drastisch angestiegen
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Potsdam - Die Zahl der Korruptionsstrafverfahren ist im Land Brandenburg seit dem Jahr 2001 drastisch um 108 Prozent gestiegen: Waren es vor sechs Jahren lediglich 150 Verfahren, so stieg die Zahl in diesem Jahr bis Ende November auf 312. Im Jahr 2006 lag die Zahl der Verfahren bei 225, sagte Frank Winter, Leiter der brandenburgischen Schwerpunktabteilung Korruptionsbekämpfung bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin gestern.
„Das heißt aber nicht, dass Brandenburg immer korrupter wird“, so Winter weiter. Die Strafverfolgung und die Anzeigebereitschaft bei Bürgern und in den öffentlichen Verwaltungen habe sich in Brandenburg grundlegend geändert. „Wir können mehr Fälle aus dem Dunkel- in das Hellfeld holen“, sagte Winter gestern in Neuruppin bei der Vorstellung der Bilanz der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Neuruppin.
Vor allem die Einrichtung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin und der sogenannten Gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) der Staatsanwaltschaft mit dem Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg habe zu einer gezielten und effektiveren Verfolgung von Korruptionsdelikten in Brandenburg geführt. Ähnliche Sonderstaatsanwaltschaften haben sonst nur Schleswig-Holstein, Hamburg und die Staatsanwaltschaften München-Stadt und München-Land. Demnächst will auch Bremen eine solche Ermittlungsbehörde einrichten.
Seit Sommer dieses Jahres sei auch die GEG-Korruption endlich komplett, so Winter. Neben 12 LKA-Kriminalisten und sechs Neuruppiner Staatsanwälten abreiten nun auch zwei Bauingenieure und ein Betriebswirtschaftler in der GEG. „Deren Einsatz hat sich jetzt schon gelohnt, die ersparen uns unendlich viel Ermittlungsarbeit mit ihrem Fachwissen“, so Winter. So könnten die Ermittler nun schon beim Eingang einer Anzeige oder bei Begutachtung einer umfangreichen Bauabrechnung schnell erkennen, ob es einen begründeten Verdacht auf eine Straftat gibt. „Außerdem können die Ingenieure schnell erkennen, ob auf einer Straße tatsächlich die Pflastersteine verlegt wurden, die in der Ausschreibung angegeben waren“, so Winter. Früher habe man dafür einen externen Sachverständigen gebraucht.
Unter den in diesem Jahr abgeschlossenen Verfahren waren auch prominente Fälle: Der frühere Leiter des Straßenbauamtes Frankfurt (Oder) wurde wegen Untreue angeklagt, der Ex-Bürgermeister von Neuruppin, der Landtagsabgeordnete Otto Theel (Linke), dessen Korruptionsprozess sich verzögert, weil sein Sohn in diesem Verfahren die Aussage verweigert. Außerdem erließ das Amtsgericht Prenzlau vor wenigen Tagen gegen den Bürgermeister der Stadt, Hans-Peter Moser (Linke), Strafbefehl, weil er eine Sozialwohnung gemietet haben soll.
Winter forderte von der Bundespolitik die Verschärfung des Strafrechtparagraphen zur Abgeordnetenbestechung, „um auch in diesem Feld endlich aktiv werden zu können. Bisher sind Zuwendungen an Abgeordnete nur strafbar, wenn ein unmittelbarer, formulierter Zusammenhang zwischen Zuwendung und politischem Verhalten des Mandatsträgers vorliegt.Winter forderte vor allem im politischen Raum eine höhere Sensibilität in Sachen Korruption. „Es müssen nicht immer die hohen Zuwendungen sein, die korrumpieren“, so der Chef der märkischen Korruptionsermittler.Peter Tiede
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