Von Jörn Hasselmann: Baustopp beim Gefängnis in Großbeeren
Vorhaben ist bereits fünf Monate in Verzögerung geraten, weil eine Firma gegen Ausschreibung klagt
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Berlin/Großbeeren - Zehn Jahre wurde über das neue Gefängnis diskutiert und gestritten. Im Juli des vergangenen Jahres feierte Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) dann den „1. Spatenstich“ für die neue JVA Heidering – doch seitdem ist nichts passiert. Nach Informationen des Tagesspiegels herrscht seit fast fünf Monaten ein Baustopp in Großbeeren. Bäume und Büsche wurden noch gerodet, doch als die Abfuhr von etwa 100 000 Tonnen Boden beginnen sollte, legte eine unterlegene Firma bei der Vergabekammer Protest gegen das Ergebnis der Ausschreibung „Abtragung und Entsorgung von Oberboden“ ein. Konsequenz: ein Baustopp.
Nachdem die Vergabekammer die Klage zurückgezogen hatte, zog die unterlegene Firma in die nächste Instanz, zum Kammergericht. Und dort liegt der Vorgang nun bis auf Weiteres – gearbeitet werden darf nicht.
Bevor mit dem eigentlichen Bau der Haftanstalt begonnen werden kann, muss erst der kontaminierte Boden abgefahren werden. Denn das Grundstück, das, obwohl in Brandenburg gelegen, Berlin seit Jahrzehnten gehört, war früher ein Rieselfeld. Dort versickerten die Abwässer der Reichshauptstadt – und hinterließen Schadstoffe. Wann das Kammergericht entscheidet, ist völlig offen. Weder die Senatsbauverwaltung als Bauherr noch die Justiz als Auftraggeber wagten eine Prognose. Bei den Bauleuten hieß es, dass bald „ein halbes Jahr“ Baustopp erreicht sein könnte. Die Justiz ließ verlauten, dass man „Druck“ ausübe aufs Kammergericht, den Fall in absehbarer Zeit zu entscheiden. Aufzuholen ist die verlorene Zeit nach Angaben von Fachleuten nicht mehr, die Eröffnung des dringend benötigten neuen Gefängnisses dürfte sich um mehrere Monate verzögern.
Seit einem Jahr wird der Frühsommer 2012 als Fertigstellungstermin genannt. Tatsächlich ist in diesem einen Jahr so gut wie nichts passiert: Im Februar 2009 hatte von der Aue beim Roden des ersten Baumes den Mai als Baubeginn angekündigt. Dass der „1. Spatenstich“ durch die Senatorin erst im Juli stattfand, wurde damals nicht weiter begründet.
Seit Mitte der 90er Jahre wird wegen der überfüllten Berliner Gefängnisse über den Neubau in Großbeeren diskutiert. Im Oktober 1999 hatte der damalige Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) in seiner „Arbeitsbilanz“ des damaligen CDU-SPD-Senats stolz verkündet: „Die Planungen für die Justizvollzugsanstalt Heidering in der Gemeinde Großbeeren laufen auf Hochtouren.“ Doch die nächste Koalition ging die SPD mit der PDS ein, und die setzte sich durch, das Vorhaben zu verschieben. Erst 2006 ging es weiter mit der Planung, wenig später stiegen die Baukosten von 80 auf knapp 120 Millionen Euro. Den Architektenwettbewerb hatte das österreichische Büro Hohensinn gewonnen.
Der Bau des Gefängnisses wurde europaweit ausgeschrieben. Mittlerweile sind Klagen vor den Vergabekammern Alltag, heißt es bei Bauexperten. Zuletzt hatte vor allem die Klage des beim Bau des Berliner Stadtschlosses unterlegenen Architekten Hans Kollhoff gegen die Vergabe an den Italiener Franco Stella Aufsehen erregt.
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