Brandenburg: Behördenchef unter Verdacht
Vetternwirtschaft im Berliner Landesamt
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Berlin - Mitten in der Debatte um die Flüchtlinge in Berlin steht ein zuständiger Spitzenbeamter unter Korruptionsverdacht. Gegen den Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso), Franz Allert, wurden Ermittlungen eingeleitet. Wegen welchen Vorwurfs genau, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag nicht. Salopp gesprochen dürfte es sich um den Verdacht etwaiger Vetternwirtschaft handeln.
Den noch unbestätigten Vorwürfen zufolge könnte Allert eine Firma, die sein Patensohn leiten soll, bei Aufträgen bevorzugt haben. Gierso heißt das Unternehmen. Es betreibt in Berlin derzeit fünf Flüchtlingsheime in Charlottenburg, Spandau, Zehlendorf und Mitte.
Im Auftrag der Senatssozialverwaltung, der das Lageso untersteht, werden nun alle in Betracht kommenden Vergabevorgänge von 2011 an überprüft. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) teilte mit, man prüfe konkret, ob Allert rechtswidrig Vergabeentscheidungen beeinflusst habe und ob er „Verträge unterschrieben hat, die einen möglichen Interessenkonflikt nahe legen“. In drei Wochen werde ein Ergebnis vorliegen. Außerdem hat Czaja beim Landesrechnungshof „parallel zu den internen Prüfungen eine externe Prüfung erbeten“. Allert selbst wies die Beschuldigungen zurück: „Ich habe zu keiner Zeit rechtswidrig auf die Vergabe oder die Vertragsgestaltung von Unterkünften für Flüchtlinge Einfluss genommen.“
In Berlin gibt es inzwischen 48 Heime, in denen ingesamt fast 12 000 Flüchlinge wohnen. Von diesen Unterkünften werden 22 von Sozial- und Kirchenverbänden betrieben, 26 von Privatunternehmen. Der Senat zahlt den Betreibern bestimmte Tagessätze, die in der Regel bei 30 bis 40 Euro pro Flüchtling liegen. Die meisten Unterkünfte betreibt derzeit die Firma Prisod.
In der Opposition im Abgeordnetenhaus wird Aufklärung des Vorganges um Lageso-Chef Allert gefordert. Immer wieder war Senator Czaja zuletzt wegen der Flüchtlingsheime kritisiert worden: Er habe etwa zu spät auf die steigenden Asylbewerberzahlen reagiert. Linken-Landeschef Klaus Lederer nannte die Flüchtlingspolitik des Senats am Donnerstag „ein Komplettversagen“. Nicht nur Czaja warf er zweifelhaftes Vorgehen vor. Angesichts der Dramatik des Themas hätte sich eigentlich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einmischen müssen – habe er aber nicht. Tatsächlich mussten wegen des Kriegs in Syrien seit 2012 unter hohem Druck neue Flüchtlingsunterkünfte errichtet werden. Landeseigene Grundstücke wurden knapp, nicht alle Heime konnten von Sozialverbänden und Kirchen betrieben werden, der Senat griff auch auf Privatfirmen zurück. H. Heine
H. Heine
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