Brandenburg: Berlin droht vor Gericht eine Niederlage
Im Streit mit Brandenburg um ein verseuchtes Grundstück soll Urteil am 1. August folgen
Stand:
Potsdam - Berlin droht mit seiner Schadenersatzklage gegen das Land Brandenburg wegen eines mit Klärschlamm verseuchten Grundstücks in Großbeeren eine Niederlage. Die 4. Zivilkammer des Potsdamer Landgerichtes ließ in der Verhandlung gestern keinen Zweifel daran, dass die Forderungen der Berliner Stadtgutliegenschafts mbH über rund eine halbe Million Euro in der Sache und in der Höhe unbegründet sind. Das Urteil in dem einmaligen Berlin-Brandenburger Prozess wird am 1. August verkündet. Stadtgüter-Chef Peter Hecktor will die Klage gegen Brandenburg notfalls „bis zum Bundesgerichtshof“ führen. „Berlin macht es sich zu einfach“, sagte Lothar Kühn, der Vorsitzende Richter der Kammer, die dem Berliner Kernvorwurf erkennbar nicht folgt: Die Stadtgüter hatten Brandenburger Behörden vorgeworfen, sie bei der Übertragung der Immobilie in Berliner Eigentum im April 2003 nicht auf den Zustand des Grundstücks hingewiesen zu haben.
Das Gericht sieht das anders – und ist der Auffassung, dass Berlin das Grundstück mit allen Lasten übernommen hat. Dem war damals eine der nach 1990 üblichen Auseinandersetzungen um früheres „Volkseigentum“ vorangegangen. Offen blieb, warum Berlin so vehement um die Immobilie gekämpft hat, die zwischenzeitlich in Eigentum Brandenburgs war. Darauf arbeitete eine private Versuchsanlage zur biologischen Entsorgung von Sondermüll. Sie ging später in die Insolvenz, die 7000 Tonnen Klärschlamm blieben. Berlin intervenierte aber erst eineinhalb Jahre nach Übernahme des Grundstücks, so das Gericht. Es sei „schwer nachvollziehbar“, dass man die 7000 Tonnen nicht erkannt haben wolle. Er wies auf einen weiteren Pferdefuß der Klage Berlins hin: Man könne nicht Brandenburg die Entsorgung von 7000 Tonnen Klärschlamm und den Abriss der Anlage berechnen – und dies mit einem Bescheid von Brandenburger Behörden begründen, mit dem diese damals vergeblich den Abtransport von lediglich 700 Tonnen Klärschlamm durchsetzen wollten.
Stadtgüter-Chef Hecktor blieb hart. „Man hätte uns aufklären müssen.“ Wenn man gewusst hätte, was der Klärschlamm enthält, etwa Gifte wie Blei, Kupfer oder Thallium, hätte man „das Grundstück nie übernommen“. Die Entsorgungskosten hätten den Grundstückswert „um das 20- bis 30fache“ übertroffen. Das, so Richter Kühn, sei das Risiko solcher Streitfälle. Ein Alteigentümer bekomme Immobilien immer in dem Zustand wie sie jetzt sind, eine Prachtvilla am Griebnitzsee etwa als Ruine. Kühn: „Und wenn dort die NVA Öl verkippt hat, dann ist sein Pech.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: