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DIE NEUE FASHIONWEEK: Berlin zieht an

Die Stadt wird in dieser Woche Treffpunkt für die Modebranche: zehn Großveranstaltungen, 1000 Kollektionen

Stand:

DER TERMIN

Eigentlich sollte die Modewoche erst in zwei Wochen losgehen. Die Fashion Week und die Messe Premium hatten den Termin für Mitte Juli bekannt gegeben, lange bevor klar war, dass Karl-Heinz Müller mit seiner „Bread & Butter“ aus Barcelona nach Berlin auf den Flughafen Tempelhof zurückkehren würde. Karl-Heinz Müller bestand auf einem frühen Termin (1. bis 3. Juli) weil er mit seiner Messe in die Modesaison starten will.

DIE SAISON IN BERLIN

Nicht nur, dass die großen Marken sehr viel eher in die Saison starten können, auch Anbieter von Jeans-, Street- und Sportswear sind viel früher in der Saison mit ihrer Produktion fertig. Bei den Designern der Fashion Week sieht das gerade für die Damenkollektionen traditionell anders aus. Hier beginnt die Saison nach den Sommerferien mit den Modeschauen in New York Anfang September und endet einen Monat später mit den Prèt-a-Porter-Schauen in Paris. Wer also als Designer von Damenmode in Berlin seine Entwürfe präsentiert, hat zwei Monate weniger Zeit als die internationale Konkurrenz. Trotzdem haben sich am Ende alle auf den Fashionweek-Termin eingelassen, die „Bread & Butter“ ist einfach das Zugpferd. Durch die Messe werden viele neue und vor allem internationale Besucher in Berlin erwartet. Auch weil die Messe in ihrem Segment die wichtigste weltweit ist. gth

Berlin - So viel Mode war nie. Diese Woche wird für die Branche ein Experiment: Wie viel Mode kann man in vier Tagen anschauen, ohne all die Hosen, Röcke und Kleider durcheinanderzubringen? Mehr als 1000 Kollektionen werden ab Mittwoch auf sieben Messen, drei weiteren großen und diversen kleineren Veranstaltungen gezeigt, in mehr als einem Dutzend Showrooms, auf fast 40 Modeschauen. Dazu kommen unzählige Einladungen zu Abendessen, Cocktailempfängen, Konzerten, Liveacts in Clubs und Bars. Gleich drei deutsche Topmodels werden über Berlins Laufstege laufen: Julia Stegner als offizielles Gesicht der Mercedes-Benz-Fashion-Week, Shootingstar und Calvin-KleinModel Toni Garn und die Kielerin Kathrin Thormann, gerade erst auf dem Titel der italienischen Vogue zu sehen.

Fast kein deutscher Einkäufer kann es sich leisten, nicht nach Berlin zu kommen, und auch aus dem Ausland haben sich viele Besucher angekündigt. Bis zu 100 000 Fachbesucher werden in den nächsten Tagenerwartet, und nicht nur die Taxifahrer freuen sich schon auf eine zahlungskräftige und vor allem -willige Kundschaft: Es gibt kaum ein Hotel, das nicht ausgebucht ist. Bernhard Kieker, Chef der Berlin Tourismus Marketing GmbH, rechnet bis Ende der nächsten Woche mit zusätzlichen zehn Millionen Euro Umsatz für die Stadt. „Das ist ein echtes Konjunkturpaket.“

Mit der Bread & Butter (1. bis 3. Juli), die sich auf Jeans-, Street- und Sportswear konzentrieren wird, ist das Spektrum noch einmal größer geworden. Die Premium (1. bis 3. Juli) zeigt auf 22 000 Quadratmetern 900 Kollektionen – von kleinen und innovativen Marken wie ADD, Patrick Mohr, Lotte Voss und 0941 bis zu modernen Designlabels wie Filippa K., Hope, Missoni oder Day Birger et Mikkelsen. Auf der Mercedes-Benz-Fashion-Week (1. bis 4. Juli) werden rund die Hälfte der 40 Modeschauen vonBerliner Designern bestritten. Die Erwartung ist groß: Berlin muss ein Erfolg werden. Dass eine einst erfolgreiche, jetzt von Insolvenz bedrohte Marke wie Escada ausgerechnet die Pleitestadt Berlin nutzt, dass internationale Marken wie Custo Barcelona und das italienische Jeanslabel Guru hier auf dem deutschen Markt starten, sagt schon einiges über den neuen Status der Stadt aus. Der wird plötzlich nicht mehr in Frage gestellt, wie in den letzten Saisons, sondern eifrig beschworen.

Auf einer Rangliste der internationalen Modeereignisse, an der sich das Magazin „Stern“ versuchte, schafft Berlin es immerhin auf Platz 9 zwischen Moskau und Rio de Janeiro. Und sogar Suzy Menkes, eine der wichtigsten Modejournalistinnen der Welt, die vor einem Jahr noch nicht einmal zugeben wollte, von der Existenz der Berliner Modewoche zu wissen, wird diesmal in der ersten Reihe sitzen und sich die Kollektionen Berliner Designer anschauen. Mit hohen Erwartungen ganz vorn dabei ist die Fachpresse. Noch vor einem Jahr waren die Kommentare im Branchenblatt „Textilwirtschaft“ gespickt mit Fragezeichen und der Angst, sich mit einem Bekenntnis zur Stadt lächerlich zu machen. Jetzt wird der Standort ernst genommen; mehr noch: in der Krise soll Berlin gar als Hoffungsträger für die ganze Branche herhalten. Nicht nur auf den Messen und den Laufstegen wollen sich die Fachbesucher auf die Suche nach Inspirationen begeben. In dieser Woche dürfte es voll werden in Mitte und die Umsätze steigen. Viele Einkäufer und Ladenbesitzer freuen sich besonders auf einen Einkaufsbummel, etwa rund um den Hackeschen Markt. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) zeigt sich auf seine moderate Art euphorisch, weil alle im Hotel de Rome zusammengekommen sind, um sich gemeinsam auf die nächsten Tage einzustimmen. Wolf freut sich so sehr über die „neue Topadresse der Mode“, dass er kurzerhand die erwartete Besucherzahl um 20 000 auf 120 000 erhöht.

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