zum Hauptinhalt

Brandenburg: Berliner Ämter wollen Kindern schneller helfen Schulsenator kündigt Eingreifen schon bei

den geringsten Anzeichen von Verwahrlosung an

Stand:

Berlin - „Wir brauchen ein paar Tage Zeit.“ Der Jugendstadtrat von Berlin-Lichtenberg, Michael Räßler-Wolff (Linkspartei), wirbt um Verständnis. Seit Polizisten zu Wochenbeginn drei verwahrloste Kinder aus einer Wohnung in der Möllendorffstraße befreit haben, steht sein Telefon nicht still. „Wir müssen erst die Situation analysieren und im Gespräch mit allen Beteiligten die beste Lösung für die Kinder finden.“ Wie berichtet, hatte das Lichtenberger Jugendamt vor dem Eingreifen der Polizei keine Hinweise auf die betreffende Familie. Räßler-Wolff lobt daher ausdrücklich, dass eine Nachbarin die Polizei informierte. Die vier, zehn und fünfzehn Jahre alten Kinder befinden sich noch in der Obhut des Kindernotdienstes. Ihre 42-jährige Mutter, gegen die wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ermittelt wird, will Hilfsangebote annehmen.

Ob das ausreicht, um künftig eine angemessene Versorgung der Kinder zu gewährleisten, müssten die Gespräche und eine engmaschige Kontrolle zeigen, meint der Jugendstadtrat und verweist damit auf ein sensibles Thema: Immer wieder werden die Jugendämter mit dem Vorwurf konfrontiert, sie agierten zu langsam, zu verständnisvoll oder gar nicht auf Hinweise. Polizisten und Kinderschutzorganisationen beklagen beispielsweise, dass Jugendamtsmitarbeiter nur zu vorher angemeldeten Terminen in die Wohnungen kommen, was den Eltern die Möglichkeit gebe, Anzeichen für Missstände rechtzeitig zu beseitigen. Die Jugendstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Sigrid Klebba (SPD), weist solche Vorwürfe zurück: „Wenn Gefahr im Verzug ist, wenn es also konkrete Hinweise auf Gefährdung der Kinder gibt, melden wir uns natürlich nicht vorher an“, sagt sie. Allerdings sei es eine schwierige Entscheidung, wann das letzte Mittel des Kindesentzugs angewendet werden müsse.

Weil es gerade bei den Lehrern und Schulämtern offenbar immer noch an Sensibilität fehlt, haben sich Berliner Schulverwaltung und Bezirke gestern auf ein konsequenteres Vorgehen geeinigt, wenn Kinder längere Zeit dem Unterricht fern bleiben. Die Behörden müssten künftig schon bei geringsten Anzeichen von Verwahrlosung und Missbrauch einschreiten, sagte Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Das können sie eigentlich schon immer, sagt Neuköllns Volksbildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD). Wenn bei ihm Kinder trotz mehrfacher Aufforderungen an die Eltern nicht zum Unterricht erscheinen, verschaffen sich seine Mitarbeiter notfalls mit der Polizei Zutritt zur Wohnung – etwa 30 bis 40 Mal im Jahr. S. Dassler

S. Dassler

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })