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Razzia auch in Potsdam: Berliner Polizei sucht ihren Maulwurf

UPDATE. Mitglieder der Rockervereinigung Hells Angels waren offenbar vor dem drohenden Verbot und einer Großrazzia gewarnt worden - und das nicht zum ersten Mal. Zweifel an der Wirksamkeit eines Verbots kommen auf.

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Berlin/Potsdam - Der Berliner Polizei droht ein Skandal. Eine für Mittwoch geplante Razzia in der Rockerszene wurde möglicherweise aus der Behörde vorab verraten. Offenbar aus diesem Grund wurde die Aktion gegen den „Hells Angels MC Berlin City“ von Mittwochmorgen auf die Nacht von Dienstag zu Mittwoch vorgezogen. Am Dienstagabend war den Rockern eine Verbotsverfügung zugestellt worden. Aus Polizeikreisen verlautete jedoch, „Spiegel Online“ habe mit einem am Dienstag ins Internet gesetzten Bericht über die geplante Aktion die Rockerszene gewarnt. Außerdem seien in dem Text Polizeiinterna wiedergegeben. Dies lasse vermuten, dass die Journalisten von Polizeibeamten Kenntnis über die vorgesehenen Maßnahmen erhielten. Bei „Spiegel Online“ hieß es, man habe Pfingstmontag aus Rockerkreisen erfahren, dass die Polizei für Mittwoch eine Razzia plane. Bereits im März war am Berliner Landgericht ein 24-jähriger Polizeianwärter wegen Verrats von Dienstgeheimnissen zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte einen mitangeklagten Freund des Motorradclubs Hells Angels per SMS vor polizeilichen Durchsuchungen gewarnt.

Dass die Szene gewarnt war, geht aus einschlägigen Online-Plattformen hervor. Das Verbot treffe einen „vorher offiziell aufgelösten Charter“, hieß es. Andere Gruppen seien aus Berlin nach Potsdam und Oranienburg abgewandert.

Rund 500 Polizisten durchsuchten dennoch bis zum Mittwochnachmittag mehr als 30 Objekte in Berlin. Dazu gehörten das Vereinslokal des „Hells Angels MC Berlin City“ in der Reinickendorfer Residenzstraße und 30 Wohnungen und Kneipen der Rocker. Dabei sollte Vereinsvermögen sichergestellt werden, wie es in Polizeikreisen hieß. Dazu gehörten acht Motorräder, Hieb- und Stichwaffen und Mobiliar. Nach Polizeiangaben gehörten 40 der insgesamt 300 Berliner Hells-Angels-Rocker dem verbotenen Verein an.

In Potsdam wurde am Mittwochabend nach dem Übertritt zweier Bandidos- Chapter aus Berlin in die Landeshauptstadt auch der Rockerclub der Hells Angels in der Charlottenstraße von 200 Polizeibeamten aus Berlin und Brandenburg durchsucht. Die Beamten fanden dabei Hieb- und Stichwaffen und trafen auf „namhafte Szenegrößen“ aus Berlin. Mit der Razzia sollte verhindert werden, dass Berliner Rocker Vereinsverbote umgehen.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), der das Verbot am 24. Mai angeordnet hatte, reagierte „entsetzt“ auf die Berichte, „wonach der Einsatz im Vorfeld den Betroffenen bekannt gewesen sein soll“. Er habe die amtierende Polizeipräsidentin aufgefordert, die „Umstände der Einsatzplanung und -durchführung genau zu prüfen und Konsequenzen zu ziehen“. Die amtierende Polizeichefin Margarete Koppers habe Ermittlungen „wegen Geheimnisverrats“ eingeleitet.

Das Verbot der Hells-Angels-Gruppierung wird mit zahlreichen Straftaten der Mitglieder begründet. Die Tätigkeit des Clubs laufe den Strafgesetzen zuwider, heißt es in der Verbotsverfügung.

Mit dem Verbot werde ein deutliches Signal ausgesandt, „dass wir Rechtsbrüche, aus welcher Richtung auch immer, nicht dulden werden“, unterstrich Innensenator Henkel. Das Verbot von Rockerclubs sei ein notwendiger, „aber gewiss nicht der letzte Schritt im Kampf gegen die Gefahren, die von diesen Gruppierungen ausgehen“. Dem Verbotsverfahren seien jahrelange Ermittlungen vorausgegangen. (mit dapd)

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in der Donnerstag-Ausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten.

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