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Brandenburg: Berliner Schuldenberg wächst nicht mehr

Rot-rote Sparpolitik zeigt Wirkung / Finanzplanung ab 2011 ohne neue Kredite

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Berlin - Spätestens 2011 muss Berlin, wenn alles gut geht, keine neuen Schulden mehr machen. Im Jahr der nächsten Abgeordnetenhauswahl könnte der Landeshaushalt sogar – zum ersten Mal seit dem Mauerfall – einen kleinen Überschuss von 30 Millionen Euro erwirtschaften. Das sieht die neue Finanzplanung für Berlin vor, die der Senat gestern beschlossen hat. „Ich weiß auch nicht, wie die Weltökonomie in den nächsten Jahren verläuft“, sagte Finanzsenator Thilo Sarrazin. „Aber unsere Planung der Steuereinnahmen ist realitätsnah und vorsichtiger als die des Bundes.“ Der Verschuldungsstopp wäre ein großer Fortschritt.

Trotz der erfreulichen Zahlen warnte Sarrazin vor Euphorie. An einen Abbau des Schuldenbergs, der 2011 bei etwa 61,5 Milliarden Euro stagniert, könne erst ab 2020 ernsthaft nachgedacht werden. Denn bis dahin werden die Bundesmittel aus dem Solidarpakt II von jetzt 1,97 Milliarden Euro auf Null abgeschmolzen. Das sind Einnahmeverluste, die auch bei gutem Wirtschaftswachstum und hohen Steuereinnahmen schwer verdaulich sind. Der Finanzsenator glaubt auch nicht, dass aus den Verhandlungen über eine bundesweite Finanzreform (Föderalismuskommission II) vor 2020 etwas Gutes für Berlin herauskommen kann. „Bis dahin wird am Länderfinanzausgleich sicher nicht gerührt.“

Sarrazin warnte gestern davor, jetzt wieder mehr Geld ausgeben zu wollen, nur weil die Finanzlage momentan rosig ist. „Wir müssen die Kraft haben, dem zu widerstehen.“ Der öffentliche Haushalt sei wie ein Golfrasen zu behandeln. „Er muss dicht sein, aber gleichzeitig sehr kurz gehalten werden.“ Im Senat sei man sich gestern einig gewesen, so Sarrazin, dass die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Konsolidierungslinie in den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen für 2008/09 eingehalten werde.

Trotzdem: Vergleicht man die frisch beschlossene Finanzplanung bis 2011 mit früheren Prognosen, wird die sensationell veränderte Finanzlage Berlins deutlich. 2004 war die Finanzverwaltung noch davon ausgegangen, dass Berlins Schuldenberg bis 2011 auf über 80 Milliarden Euro steigt. Allein die Zinszahlungen für Kredite von 3,5 Milliarden Euro jährlich hätten die Hauptstadt erdrosselt. Jetzt geht die Planung davon aus, dass der Schuldenberg 2011, vielleicht schon ein Jahr früher, seinen Gipfelpunkt bei 61,5 Milliarden Euro erreicht. Vielleicht endgültig, jedenfalls solange die Konjunktur nicht dramatisch einbricht. Die Vorhersagen des Senats gehen von einem realen Wirtschaftswachstum von 1 bis 1,5 Prozent jährlich aus.

Auch der Koalitionspartner Linkspartei/PDS, der zunächst angezweifelt hatte, dass die Einnahmeerwartungen Sarrazins belastbar sind, stellte seine Bedenken gestern zurück. Zumal der Verkauf der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (GSG), der zusätzlich 150 Millionen Euro in die Kasse spülen soll, in der Finanzplanung noch nicht berücksichtigt ist. Der Senat hat die lange geplante, mehrfach verschobene Privatisierung wieder vertagt. Auf nächsten Dienstag. Offenbar muss die SPD noch etwas dafür tun, um die Gegner des GSG-Verkaufs in der eigenen Fraktion ruhigzustellen.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) wurde jedenfalls beauftragt, mit dem Kaufinteressenten, der Orco Group, nachzuverhandeln. Es geht dabei um maximal 6,5 Millionen Euro kalkulatorischer Zinsen, die der Investor vom Kaufpreis (etwa 300 Millionen Euro) absetzen will, denn seit dem Abschluss der Vertragsverhandlungen sind inzwischen einige Monate vergangen. Zeit ist Geld. Dennoch will die SPD verhindern, dass der Verkaufserlös entsprechend geschmälert wird. Außerdem soll noch einmal geprüft werden, ob die Interessen der Gewerbemieter trotz der Privatisierung gewahrt werden.

Finanzsenator Sarrazin bestätigte gestern, dass nur ein Teil der GSG-Verkaufseinnahmen helfen soll, die Neuverschuldung zu senken. Der Rest soll in Sanierungsmaßnahmen – für Bäder, Kitas und Straßen – gehen. „Bei den Investitionsmitteln gibt es noch Reserven“, so Sarrazin. Damit könnten ab 2008 „der eine oder andere Akzent“ gesetzt werden.

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