Brandenburg: Berliner Todesfahrer: Empörung über Haftrichter
Mehrfach Vorbestrafter wurde freigelassen trotz Verstoßes gegen Bewährungsauflagen
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Berlin - Die Freilassung von Levent U., der trotz Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen von einem Berliner Haftrichter freigelassen wurde und wenige Tage später bei der Flucht vor der Polizei in Schöneberg mit seinem Wagen einen Mann tötete, hat stadtweit Empörung ausgelöst.
Ein Justizsprecher begründete die umstrittene Entscheidung gestern damit, dass der „Tatbeitrag bei dem Einbruch gering gewesen“ sei und deshalb keine neue Untersuchungshaft zu rechtfertigen gewesen sei. Untersuchungshaft werde vor allem bei Fluchtgefahr verhängt. Da U. eine Meldeadresse hat – er wohnt zur Untermiete im Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg – sei „dies ein üblicher juristischer Vorgang“, sagte der Sprecher, „der draußen jedoch schwer zu vermitteln sei. Die tragischen Folgen dieser Entscheidung seien furchtbar. Auch wegen der heftigen öffentlichen Reaktion wolle man mit dem Richter sprechen, kündigte der Justizsprecher an. Dieser habe derzeit jedoch Urlaub, hieß es, und kehre erst Ende der Woche wieder in den Dienst zurück.
Gegen Levent U. ist bereits über 200 Mal von der Polizei ermittelt worden. Er war erstmals im Alter von zwölf Jahren nach einem Straßenraub erkennungsdienstlich bei der Polizei behandelt worden. Schon 1996, also mit 14 Jahren war er erstmals verurteilt worden zu zehn Monaten Jugendstrafe ohne Bewährung. In der Folge jedoch fand er immer milde Richter: Im Jahr 2000 wird er zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt, 2001 wird nach einer neuen Tat diese Strafe auf 18 Monate erhöht – aber sie bleibt zur Bewährung ausgesetzt. Im Februar 2006 gibt es elf Monate auf Bewährung wegen schwerer Körperverletzung. In der Bewährungszeit wird Levent U. in der vergangenen Woche beim Wohnungseinbruch festgenommen. Fünf Tage später tötete er beim Unfall den 35-jährigen Schöneberger.
Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte gestern im parlamentarischen Innenausschuss zum Unfallhergang, dass sich „die Polizeibeamten völlig einwandfrei verhalten haben“. Wie berichtet, hatte eine Streife gesehen, dass ein E-Klasse-Mercedes mit hohem Tempo eine rote Ampel missachtete. Noch bevor sie Blaulicht einschalten konnten, hatte Levent U. gewendet und war mit großer Geschwindigkeit entkommen. Die beiden Beamten hätten sofort richtig eingeschätzt, dass eine Verfolgung nicht möglich sei, ohne andere zu gefährden, sagte Glietsch. Einen Kilometer entfernt kollidierte der Mercedes mit dem Kleinwagen eines 35-Jährigen. Levent U. kümmerte sich nicht um den Sterbenden, sondern flüchtete zu Fuß. Erst am nächsten Morgen stellte er sich mit einem Bekannten beim Landeskriminalamt.
Gegen den Todesfahrer von Schöneberg ermittelt die Justiz noch in einer anderen Sache. Levent U. soll bei einem Streit vor der Diskothek Big Eden am Kurfürstendamm Landsleute angegriffen und verletzt habe. Eine Anklage gibt es noch nicht, obwohl der Vorwurf schon sehr alt ist: Die Tat soll am 14. Mai 2004 geschehen sein. Die Justiz begründete die lange Verzögerung damit, dass der 25-Jährige damals selbst auch Opfer war. Wie berichtet, war Levent U. an diesem Tag nur knapp einem Mordanschlag entgangen. Coskun K. hatte damals vier Schüsse auf U. abgefeuert und ihn lebensgefährlich verletzt, Askin K. hatte ihm noch einen Schlagstock über den Kopf gezogen. Damals soll es um eine Frau gegangen sein. Da Levent U. vor den Schüssen auf ihn auch selbst gewalttätig war, wird ermittelt. Ha
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