Fragen & Antworten - zum 3. Juni: Berlins geflopptes Flughafenfest
Es wäre ein großer Tag für Berlin und Brandenburg geworden: An diesem Sonntag sollte der Hauptstadtflughafen öffnen. Nun bleibt er monatelang Baustelle - und Berlin blickt sorgenvoll nach Tegel.
Stand:
Berlin - Oben am Tower des Hauptstadtflughafens blinkt schon das Signallicht. Joachim Korkhaus steht unten im Terminal vor bunten Anzeigetafeln, seine Lippen werden schmal. „Hier hätten wir morgen einziehen können“, sagt der Projektleiter der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Doch hinter ihm wird geschliffen, geschraubt, gelötet. Der Weg zum Gate führt vorbei an Bauzäunen und Gerüsten.
An diesem Sonntag sollte in Schönefeld Berlins neues Tor zur Welt öffnen. Als die Eröffnung kürzlich zum zweiten Mal platzte, lachte Deutschland über seine Hauptstadt. Den Flughafentechnikchef kostete es den Job, nun ist Korkhaus der Mann, von dem alle Antworten wollen: Politiker, Unternehmer, Journalisten. Doch auch die Aufarbeitung des Flughafen-Fiaskos ist noch eine Baustelle. Was bisher bekannt ist:
Warum scheiterte die Eröffnung denn nun genau?
Korkhaus führt in einen fensterlosen Raum unterhalb der Gates, kaum größer als ein Schlafzimmer. Wenn die Rauchmelder anschlagen, sollten dort Mitarbeiter per Knopfdruck Lüfter und Sprinkler starten - weil das automatische Zusammenspiel der Anlagen nicht gelang; bei zwei Versuchen zerbröselten gar meterlange Rauchgaskanäle zu Staub. Die Behörden ließen die Schnittstelle von Mensch und Maschine aber nicht zu, auch nicht, dass im Ernstfall Mitarbeiter Brandschutztüren
von Hand öffnen sollten. Die Beamten fordern automatische Lösungen.
Gab es nicht noch mehr Probleme?
Ja. Der Flughafen wäre an vielen Stellen mit Provisorien gestartet - sichtbarstes Zeichen: ein großes Zelt. Weil immer wieder Rechner am Check-In abstürzen, sollten dort weitere Schalter stehen. Viele Keller und Büros sind nicht fertig - je weiter hinter den Kulissen, desto weniger. Es fehlen Verkleidungen, Fußböden, teils auch Treppengeländer. Für den Ingenieurverband BdSI war das vorhersehbar: Anstatt die Planung zu verzahnen, sei sie in Berlin zerfasert. Die Betreiber beharren: „Für die Passagiere wäre der Flughafen fertig gewesen.“
Wieviel kostet das Debakel?
Dass es teuer wird, bestreitet niemand, auch wenn es offizielle Zahlen erst in drei Wochen geben soll. Klar ist: Berlin als einer der Flughafenbesitzer neben Brandenburg und dem Bund stellt sich auf einen Nachtragshaushalt ein, um Geld nachzuschießen. Dabei hatte der Hauptstadtflughafen üppige Finanzpolster: 3,3
Milliarden Euro standen bei 2,4 Milliarden Baukosten bereit. Doch schon in diesem Frühjahr waren Kosten von 3 Milliarden Euro erreicht, wie Flughafenchef Rainer Schwarz einräumte - vor allem, weil der Airport nun viel größer ist als zuerst geplant, zum Teil aber auch wegen des Chaos' der letzten Monate.
Steigende Kreditzinsen, mögliche Nachbesserungen beim Schallschutz, und die geplatzte Eröffnung dürften die letzten Puffer aufzehren. 15 Millionen Euro monatlich erwarten die Betreiber schon ohne die angekündigten Schadenersatzansprüche der Airlines und die Kosten, um Tegel und den alten Schönefelder Flughafen fit zu halten - Ausgaben, die nun wohl zusätzlich auf die Steuerzahler zukommen.
Bricht nun der Berliner Luftverkehr zusammen?
Fest steht: In Tegel ist der Flugplan ab diesem Sonntag extrem eng getaktet. „Wenn man dabei einen Mosaikstein herauslöst, wird der gesamte Ablauf zerstört“, sagt Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn zu seinem Angebot. Air Berlin und Lufthansa hatten ihr Angebot für den neuen Airport kräftig ausgebaut und drängen sich damit nun in Tegel. Der Senat hat Nachtflüge genehmigt, Mehdorn warnt dennoch vor Ausfällen. Die Betreiber haben Passagiere schon aufgerufen, mehr Zeit
einzuplanen. Besonders schwierig wird es bei einem harten Winter, wie von Dienstleistern zu hören ist. Denn in Tegel fehlen Parkpositionen, um alle Maschinen kurz vor dem Start zu enteisen.
Ist der neue Eröffnungstermin 17. März 2013 realistisch?
Joachim Korkhaus' Antwort kommt schnell, obwohl sie schwierig ist. Hunderte Firmen bauen mit, allein beim Brandschutz sind es mindestens zwanzig. Brandenburgs Regierungschef Platzeck spricht schon von einem „ehrgeizigen“ Ziel - so hieß es über den 3. Juni auch lange. Korkhaus sagt, man habe sich abgestimmt, der Terminplan sei vernünftig. Er gibt aber zu: „Wir haben keine wochenweisen Puffer.“ Wenn wieder was nicht klappt, müsse es Sonderschichten geben.
Burkhard Fraune
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