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Brandenburg: Bernauer Wohltaten

Die Barnimer Kreisstadt verzichtet darauf, Eltern an den Schulmilchkosten zu beteiligen, auch die Schulbücher soll es kostenlos geben – Kritik kommt vom Städtebund

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Bernau - Die Stadt Bernau hat sich mit einem großzügigen Beschluss den Unmut der Landesregierung und anderer Kommunen zugezogen. Denn die Barnimer Kreisstadt will den Familien Wohltaten gönnen, von denen andere Städte in Brandenburg nur träumen können: Mit Beginn des kommenden Schuljahres soll die Milch an allen Grundschulen der Stadt umsonst ausgegeben werden. Und: Der Stadt im Speckgürtel Berlins geht“s so gut, dass sie den Eltern demnächst auch noch die Zuzahlung für Schulbücher erlassen will.

Sichtlich unzufrieden mit den Bernauer Wohltaten ist der Städte- und Gemeindebund Brandenburgs (Stgb). „Die Ermäßigung für die Schulmilch ist nicht angemessen; die Leistungen werden durch die Kommunen erbracht und deswegen sollten die Eltern dafür auch bezahlen“, sagt Stgb-Vize-Chefin Monika Gordis. Sie glaubt, dass kostenlose Milch und gratis Lernmaterial zu Missgunst anderswo führt. Eltern in anderen Städten könnten nun auf die Barrikaden gehen. Und zwar, „weil sie sich dort durch ihre Verwaltung benachteiligt fühlen“. Jeder müsse schließlich seinen Beitrag leisten damit das Sozialwesen funktioniere.

Die Stadt Bernau wolle etwas für die gesunde Ernährung der Kinder tun, begründet Eckhard Illge, stellvertretender Bürgermeister der Stadt und zugleich Bildungsdezernent, den Beschluss. „Wir haben gemerkt, dass immer weniger Schüler den Milch-Service in Anspruch genommen haben“, so Illge. 13 000 Euro werde die Stadt der Schulmilchservice nun zusätzlich kosten. Selbst, wenn jetzt wieder mehr Kinder eine Vorliebe für Milch entdeckten, sei das eine Summe, die die Kommune locker verkraften könne, meint Illge, der sich nicht erinnern kann, wann Bernau zuletzt einen unausgeglichenen Haushalt hatte. Durch das Erlassen der Schulbuchzuzahlungen müssten dann noch mal 30000 Euro frei gemacht werden. Die Debatte um die Benachteiligung anderer Kommunen findet Illge indes verständlich. „Auch lokal gab es derlei Diskussionen“, sagt der Vize-Bürgermeister und gibt zu bedenken: „Durch alle sozialen Vergünstigungen insgesamt könne ein ALG-II-Empfänger am Ende das gleiche herausbekommen wie eine wenig verdienende Verkäuferin.“

Auch im brandenburgischen Bildungsministerium ist man wegen der Gratisleistungen nicht ganz glücklich. „Wir begrüßen prinzipiell, wenn Bürger finanziell entlastet werden“, sagt Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Bedenken gebe es allerdings, weil andere Kommunen, die nicht so gut situiert sind, dadurch unattraktiver für potenzielle Zuzügler werden. Es bleibe aber eine autonome Entscheidung der Kommune, mit welchen Maßnahmen sie ihre Bürger belohnt. Das Ministerium könne allenfalls Empfehlungen geben. Kostenloses Schulessen gehört aber nicht dazu. „Wenn Geld im Haushalt einer Stadt übrig ist, könnte die Verwaltung es beispielsweise ausgeben, um gesunde Bioprodukte für das Schulessen zu verwenden“, sagt Breiding.

Indes haben die Bernauer Stadtväter schon die nächste Idee für eine Familienwohltat: 300 Geburten gibt es jährlich in Bernau – und ab 1. Januar 2009 will die Stadt für jedes Baby 100 Euro Begrüßungsgeld zahlen.

Andreas Wilhelm

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