Brandenburg: Betonlawine
Bauarbeiten in Kreuzberg brachten Wände zum Einsturz und Mieter in Not. Kein Einzelfall in Berlin
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Berlin - Das gibt es sonst nur in Horrorfilmen: Donnerndes Rumpeln, ächzende Wände, ein Riss in der Decke und eine amorphe anschwellende graue Masse, die sich über Tapeten und Bilder, Couch und Esstisch wälzt und alles unter sich begräbt. So ähnlich muss es sich abgespielt haben, als in der Markgrafenstraße der im angrenzenden Neubau gegossene Beton gegen Decken und Wände drückte, bis sie barsten und in der Wohnung der Giordanis eine Spur der Verwüstung hinterließ.
„Wenn meine Freundin zu Hause gewesen wäre, wäre sie jetzt tot“, sagt Emanuele Giordani, Mieter der betroffenen Wohnung im 4. OG. Seine Nachbarn erzählten ihm, dass es am frühen Abend ein lautes Poltern gegeben habe. Giordanis Partnerin kam selbst erst gegen 20 Uhr nach Hause, sah das Chaos, verständigte ihn. Er rief zuerst die Hausverwaltung an, die ihn an die Feuerwehr verwies, dann auch die Polizei. Sobald die eintrafen, evakuierten sie das Haus. Der Einsatzleiter der Feuerwehr sei „sprachlos“ gewesen, sagte ein Sprecher. Die Bewohner des Hauses mussten sich selbst um eine Unterkunft kümmern.
Wie es zu dem Unfall kam, kann sich Benita Braun-Feldweg nicht erklären. Sie ist die Bauherrin des „Metropolenhauses“, das seit August 2015 hier entsteht. Die Bauarbeiter hätten nichts davon mitbekommen. So viel steht fest: Carlos Trovao goss gestern gegen 17.30 Uhr zwischen Neu- und Altbau fünf Tonnen Beton in eine Baustütze. Dabei müsse wohl die Wand zur anliegenden Wohnung durchgebrochen sein. Bemerkt habe er das nicht. Baustadtrat Hans Pannhoff (SPD) sagte, die Arbeiten ruhten nun in diesem Bereich. Es habe eine Begehung des Hauses mit Statikern gegeben am Freitag. Alle Bewohner außer den Giordanis könnten nun wieder in ihre Wohnungen. Die wollen sich eine neue Bleibe suchen.
Zu Bauschäden wie diesen kommt es in Berlin immer wieder. So stehen am Alexanderplatz die Arbeiten zur Errichtung eines „Motel One“, weil beim Versuch, die Fundamente im Erdreich zu verankern, der unter dem Grundstück gelegene Tunnel der U2 Schaden zu nehmen drohte. Die BVG hatte festgestellt, dass der Boden um den Tunnel abgesackt war und erwirkte einen Baustopp. Nun verhandeln die Beteiligten über die finanzielle Absicherung des Vorhabens für den Fall, dass ein Schaden eintritt. Genau das war am Leipziger Platz bei der Errichtung der „Mall of Berlin“ im Frühjahr 2012 geschehen, wo Wasser in den U-Bahn-Tunnel eindrang und die Linie U2 vorübergehend stilllegte. Schäden wegen Bauarbeiten in der Nachbarschaft sind auch an der Friedrichwerderschen Kirche eingetreten, erbaut von Karl Friedrich Schinkel. Die „Kronprinzengärten“, ein Neubau mit Luxuswohnungen, wurden dicht neben dem Baudenkmal gebaut. Die Folge: Risse in den Gewölben waren aufgeplatzt, Putz von der Decke gefallen und Fensteröffnungen hatten sich verformt. Tanie Röttger, Ralf Schönball
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