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Bauern aus Brandenburg protestieren gegen Biber: „Biber soll nicht schlecht schmecken“

Bauern aus Brandenburg machten am Montag vor dem Landtag auf ihre Probleme mit Bibern aufmerksam. Brandenburgs Bauernbund-Chef Reinhard Jung äußert sich im PNN-Interview über eine vermeintliche Biberplage, deren Folgen und Naturschutz.

Stand:

Herr Jung, was haben Sie eigentlich gegen den Biber?

Gar nichts, er ist doch ein possierliches Tierchen. Wir Bauern lieben die Natur – ohne sie könnten wir nicht wirtschaften. Unsere Erfahrungen mit Naturschutz sind allerdings andere als früher. Als ich jung war, haben wir Nistkästen aufgehängt und das Moor von Müll gesäubert. Heute begegnet uns Naturschutz in Form von Schreibtischtätern oder Rangern, die mit ihrem dicken Jeep durch die Gegend gurken und uns erzählen, was wir auf unserem Land zu tun haben.

Die CDU fordert von Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD), die Entwicklung der Biberpopulation an die EU zu melden, damit der bislang strenge Schutzstatus aufgehoben wird. Warum ist das nötig?

Weil der Schutz des Bibers erfolgreich war. Das Problem beginnt doch, wenn aus einer ehemals bedrohten Tierart plötzlich eine Landplage wird und sich niemand zuständig fühlt. Es gibt kein Korrektiv für erfolgreichen Naturschutz, aber den Biber gibt es mittlerweile fast in jedem Graben in Brandenburg. Er richtet Millionenschäden an.

Unter bestimmten Bedingungen dürfen Biber bereits getötet werden. So steht es in der neuen Biberverordnung des Landes, die gerade erst in Kraft getreten ist. Warum reicht Ihnen das nicht?

Weil die Verordnung erstens nicht in Vogelschutzgebieten gilt, also auf rund 20 Prozent der Landesfläche. Und zweitens, weil ein Landwirt für die Ausnahmegenehmigung erst mühsam begründen muss, warum er wirtschaftlich beeinträchtigt wird. Der entscheidende Punkt ist einfach: Der Biber braucht nicht mehr geschützt zu werden, denn er hat sich explosionsartig vermehrt.

Am Montag findet zur Forderung der CDU im Agrarumweltausschuss eine Anhörung statt. Sie sind ebenfalls eingeladen. Was erwarten Sie?

Ich wünsche mir, dass alle Fraktionen – auch die Grünen, mit denen wir zum Beispiel im Kampf gegen Gentechnik und Braunkohle super zusammenarbeiten – diesem Antrag zustimmen. Das wäre nicht nur naturschutzfachlich richtig, sondern würde auch die Akzeptanz für den Naturschutz stärken. Es ist ja niemandem damit gedient, wenn die Landbevölkerung illegal zur Selbsthilfe greift.

Für welche Schäden machen Sie den Biber verantwortlich?

Er vernichtet Bäume, setzt mit seinen Dämmen Felder, Wiesen und Keller unter Wasser, unterhöhlt Straßen, Deiche und Grabenböschungen. Wohlgemerkt, ein paar Biber stören uns nicht, aber die Massen.

Lassen sich die Schäden auch beziffern?

Das wird schwierig. Um das Ausmaß der Schäden berechnen zu können, müsste man eine landesweite Studie durchführen. So etwas wäre eigentlich Aufgabe des Landesumweltamtes. Gewaltige Schäden sind aber schon jetzt offensichtlich, besonders im Oderbruch und in vielen Grünlandniederungen.

Warum sind Sie sich so sicher, dass Biber die Verursacher sind?

Ok, speziell im Oderbruch kommt noch die vom Land vernachlässigte Gewässerunterhaltung dazu. Ansonsten aber gibt es nunmal nur ein Tier, das Biberdämme und Biberburgen baut und diese charakteristischen, spitzen Baumstümpfe hinterlässt.

Sie werfen der Landesregierung vor, dass sie den Biber lediglich als Mittel zum Zweck nutzt, um die Ausbreitung von Feuchtgebieten auf Kosten der Bauern voranzutreiben. Woran machen Sie das fest?

Wir werden zurzeit als Landwirte flächendeckend mit Naturschutzplanungen und Gewässerentwicklungskonzepten des Landesumweltamtes konfrontiert, die durchweg eine Anhebung der Wasserstände in Niederungsgebieten vorsehen. Wenn der Biber sich weiter ungehindert ausbreiten kann, dann erreicht man genau dieses Ziel, die Versumpfung, ohne dass den Grundeigentümern eine Entschädigung gezahlt werden muss.

Warum sollte die Landesregierung weite Teile des Landes versumpfen lassen wollen?

Ich unterstelle das nicht der gesamten Landesregierung, aber es gibt einflussreiche Ideologen in der Ministerialbürokratie und bei den Umweltverbänden. Diese haben ein grundsätzlich anderes Verständnis von Naturschutz als wir. Wir Bauern sind für eine vielgestaltige Kulturlandschaft, die wir nutzen können und in der durch ein Biotopverbundsystem aus Gehölzstreifen und Wasserläufen seltene Pflanzen und Tiere Rückzugsmöglichkeiten haben.

Und das Land?

Die Ideologen wollen großflächige Wildnis und sagen uns nicht, wovon wir dann satt werden sollen. Vielleicht vom Biber, der soll ja nicht schlecht schmecken.

Wenn es nach Ihnen geht, wie viel Schutz sollten die Biber überhaupt noch genießen?

Im Augenblick gar keinen. Wir werden vermutlich eine ganze Weile brauchen, um der Plage Herr zu werden. Und sollte der Biber wieder einmal gefährdet sein, kann man ihn ja wieder schützen. Dafür ist Naturschutz da und dem würden wir auch nicht widersprechen.

Das Interview führte Matthias Matern

Zur Person: Reinhard Jung (49) ist seit zwölf Jahren Geschäftsführer des Bauernverbundes Brandenburg. In der Prignitz führt Jung einen Bio-Bauernhof mit zwölf Mutterkühen und Nachzucht.

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