Brandenburg: Bio-Bauern wollen ihre Öko-Böden sichern
Durch einen Fonds soll so in der Uckermark der Verkauf an Fremdinvestoren verhindert werden
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Peetzig - Der Öko-Landwirt Ulf Dobroschke bewirtschaftet auf den Äckern rund um Peetzig bei Angermünde 500 Hektar Fläche. 90 Prozent davon gehörten einst dem Treuhand-Nachfolger Bodenverwaltungs- und -verwertungsgesellschaft (BVVG). Die Hälfte hat er von der BVVG nach deren Privatisierungsrichtlinien direkt kaufen können. Den Rest hat er gepachtet. Die Pacht endet 2012. Und damit beginnt für Ulf Dobroschke das Problem. „Die BVVG will die Flächen dann zum Verkauf ausschreiben, den Zuschlag erhält der Meistbietende.“
„Die Meistbietenden sind in den seltensten Fällen die heimischen Landwirte, die den Acker bewirtschaften“, sagt Dobroschke. Es kämen vielmehr landwirtschaftsfremde Investoren, die das große Geschäft mit den nachwachsenden Rohstoffen und der regenerativen Energie wie der Biogasverwertung riechen. Diese Interessenten böten mittlerweile Preise, „die kein Landwirt mehr mit seinem Geschäft refinanzieren kann“, fügt der Bio-Bauer hinzu. Hilfe erwarten die Landwirte unter anderem von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der heute auf dem uckermärkischen Bauerntag erwartet wird.
In der Region kennt Dobroschke Beispiele, bei denen Landwirtschaftsflächen an Fremdinvestoren veräußert wurden – ein großer Möbelproduzent, ein Optiker oder ein Warenhausbetreiber gehören dazu. Ohne eine veränderte Privatisierungspraxis der BVVG drohe den Öko-Landwirten der Ausverkauf ihrer Flächen, ist sich Dobroschke sicher. Die meisten Betriebe wirtschaften auf BVVG-Boden, der oftmals bis zu 40 Prozent der genutzten Flächen ausmacht. Gemeinsam mit elf weiteren Bio-Landwirten will Dobroschke nun dagegen Front machen. Sie wollen sich zum größten zusammenhängenden ökologisch bewirtschafteten Ackerbau Europas zusammenschließen – immerhin 1000 Hektar kämen so zusammen. Die noch zur BVVG gehörenden Flächen sollen in einen Flächenfonds eingebracht werden, der aus privatem und aus Stiftungskapital gespeist wird und hinter dem unter anderem die GLS-Bank steht, die traditionell ökologisch und nachhaltig wirtschaftende Unternehmen unterstützt. „Die Flächen müssten an den Fonds zu reellen Marktpreisen verkauft werden, die überall erzielt werden, wenn sie von der Bio-Landwirtschaft genutzt werden“, fordert Stefan Palme, Inhaber des Öko-Gutes Wilmersdorf. Palme ist einer der Initiatoren des geplanten Boden-Fonds, der die Flächen wiederum an die Landwirte verpachten würde. Einzige Bedingung: Sie müssen ökologisch arbeiten.
Im brandenburgischen Landwirtschaftsministerium stößt dieses Projekt auf großes Interesse. „Wir unterstützen diese Idee, weil sie die Existenz der Öko-Landwirte dauerhaft sichert“, erläutert Agrar-Staatssekretär Dietmar Schulze. „Doch Herr des Verfahrens sind das Bundesfinanzministerium und dessen BVVG. Sie müssen zustimmen“, sagt Schulze. Der BVVG-Geschäftsführer Wilhelm Müller hält sich indes zurück. „Ich kann hier keine Zusage machen, dass wir dem Fondsmodell zustimmen. Da gibt es noch Klärungsbedarf“, sagt Müller. Auch ihm ist klar, dass die Privatisierungspolitik der BVVG und der Verkauf an den Meistbietenden für viele uckermärkische Landwirte zu einer Existenzbedrohung werden könnte. Nirgendwo in Brandenburg ist der Anteil der BVVG-Flächen an der Gesamtflächenausstattung vieler Landwirte so groß wie in der Uckermark. „Da sind nicht selten 40, 50 und mehr Prozent. Das hat damit zu tun, dass hier vor dem Krieg wenig Einzelbauern, sondern viele große Güter die Landwirtschaft dominierten. Diese gelangten in Staatshand und nach der Wende in Treuhandbesitz“, erklärt Martin Krause vom Landesbauernverband Brandenburg. Das sei übrigens bei weitem nicht nur ein Problem für die Öko-Landwirte, fügt er hinzu. „Es betrifft alle Bauern.“ Agrar-Staatssekretär Schulze könnte sich deshalb auch ein Flächenfondsmodell für konventionelle Landwirte vorstellen. Juliane Sommer
Juliane Sommer
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