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Verbot von Bleimunition: Bleifrei auf die Wildsau
Zum Schutz für Schwangere und Seeadler: Ab 2013 darf nur noch mit bleifreier Munition geschossen werden.
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Potsdam - Liebhaber von Wildfleisch sollen künftig bleifreier leben: Auf Jagdflächen des Landes darf ab dem Jahr 2013 nur noch mit bleifreier Munition geschossen werden. In der sogenannten Verwaltungsjagd seien die für die Umwelt gefährlichen Geschosse dann verboten, erklärte jetzt Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD). Das Verbot erfolge zum Schutz bedrohter Seeadler, aber auch zum Schutz schwangerer Frauen und kleiner Kinder, bei denen das mit Blei geschossene Wild auf dem Speiseplan landen könnte. Brandenburgs Jäger jedoch tun sich schwer, auf die altbewährte Munition zu verzichten.
„Blei bringt doch einige Vorteile bei der Jagd mit sich“, sagt Bernd Möller, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Brandenburg. Treffe die Kugel auf das Tier, deformiere sich das Blei, das Tier erliege der Schusswunde schneller. „Bei Kupferkugeln kann die Nachsuche für den Jäger wesentlich länger dauern“, so Möller. Die Kugel deformiere sich nicht so leicht. Das Tier leide. Eine Entscheidung gegen das Blei sei eine Entscheidung gegen den Tierschutz. Jäger außerhalb der Landesflächen könnten zudem weiterhin frei wählen, welche Munition sie verwenden. Das Verbot gelte nur für rund neun Prozent der Jagdfläche Brandenburgs. Aus Möllers Sicht habe das Land mit dem Bleiverbot den endgültigen Ergebnissen einer gemeinsamen Studie des Bundeslandwirtschaftsministeriums und des Bundesamtes für Risikobewertung vorgegriffen. Die Studie soll Mitte 2012 vorgestellt werden und könnte Möllers These bestätigen.
Ein Teil der Untersuchungen ist jedoch schon bekannt – und Grundlage der Entscheidung des Landes. So sehe das Bundesamt eine latente Gefährdung für Schwangere, Kinder und Menschen, die überdurchschnittlich viel Wild auf ihrem Speiseplan haben, das mit Blei geschossen wurde, heißt es in einer Mitteilung des Agrarministeriums. Auch Greifvögel, wie der Seeadler, seien gefährdet, wenn sie die mit Blei geschossenen und vom Jäger im Wald zurückgelassenen Tierreste fressen. Mit ihrer Magensäure können die Adler nicht nur Knochen verdauen, sondern auch das Blei auflösen. Dadurch wird ihr Nervensystem gestört. Sie können nicht richtig sehen und fliegen dann auch gegen Bäume. Bei starker Vergiftung durch die bleihaltigen Schrotkugeln lösen sich sogar die roten Blutkörperchen auf, und die Adler ersticken. Bis zu zwei Tage kann der Todeskampf der Tiere dauern. Für Aufsehen etwa sorgte vor zwei Jahren der qualvolle Tod von Berlins damals einzigem Seeadlerweibchen. Das wegen einer Bleivergiftung völlig entkräftete Tier wurde im Januar 2009 von einem Förster im Müggelwald entdeckt.
Für die Arbeitsgemeinschaft Greifvogelschutz Berlin-Bernau des Naturschutzbundes Nabu ist das angekündigte Bleiverbot deshalb längst überfällig. „Aber erst wenn es auch für den Menschen gefährlich wird, ist das Bleiverbot interessant“, sagt Sabine Stoewe vom Nabu. Stoewe wünscht sich, dass das Verbot schon früher greifen soll, nicht erst im Jahr 2013, wenn die neue Jagdsaison beginnt. So fordert die Grünen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm aus Brandenburg bereits eine Ausweitung des Verbots. Das Land habe auch eine Verantwortung für die Jagdflächen, die nicht in seinem Besitz seien, kritisiert sie. „Auch hier brauchen wir so schnell wie möglich ein Verbot.“ Auch für den Landtagsabgeordneten Gregor Beyer (FDP) handelt es sich beim Verzicht auf bleihaltige Munition um einen überfälligen Schritt. „Als Jäger kann ich allen Kollegen nur empfehlen, auf bleihaltige Munition schon jetzt freiwillig zu verzichten“, so der FDP-Politiker weiter. Aus seiner Sicht endet damit auch ein jahrelanges Hickhack innerhalb der Landesregierung, die mal ein Verbot von bleihaltigen und mal eines von bleifreien Geschossen verhängt habe. So ist die Verwendung der Ersatzmunition bislang verboten, Abpraller und Querschläger hätten Jäger gefährdet. Eine Studie der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen räumte diese Bedenken nun aus.
„Wir sind nicht mit der Bleimunition verheiratet“, sagt deshalb Jagdverbandschef Möller. Er bleibt aber dabei: Bislang habe sich das Blei bewährt. Bei Normalverbrauchern sei der Verzehr von mit Blei geschossenem Wild mit keinem erhöhten gesundheitlichen Risiko verbunden. Auch das habe eine Studie des Bundeslandwirtschaftsministeriums gezeigt. Selbst bei zehn Wildmahlzeiten pro Jahr sei die Bleiexposition vernachlässigbar. An Weihnachten könnten Feinschmecker deshalb beruhigt zum Wildbraten greifen, so Möller. Brandenburgs Jäger seien zudem über die gesundheitlichen Gefahren für Greifvögel, wie dem Seeadler aufgeklärt, sagt Möller. „Wir nehmen das Wild im Wald aus, die Reste werden dann verbuddelt“ – unerreichbar für den Seeadler. (mit dpa)
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