Brandenburg: Blüten aus Caputh: Die Druckmaschine kam von Ebay
Die Fälscherbande war international: Libanesen und Türken heuerten Deutsche, Weißrussen, Italiener und Holländer an
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Die Fälscherbande war international: Libanesen und Türken heuerten Deutsche, Weißrussen, Italiener und Holländer an Eberswalde/Berlin - Hussan Hassan S. hatte einen Traum: Der 40-jährige Libanese aus Berlin-Neukölln wollte Deutscher Staatsbürger werden. Daraus dürfte nun nichts werden – weil er noch einen zweiten Traum hatte, den die Brandenburger Polizei gestern mit der Aktion „Blütenfest“ platzten lies: Mit seinem libanesischen Großclan und türkischen Kriminellen aus Berlin wollte er auch Blütenkönig werden – mit in Caputh gedruckten 50-Euro-Scheinen. Gestern wurde Hussan Hassan S. in der Weisestraße in Neukölln verhaftet. Wenig später nahmen Spezialeinsatzkräfte auch drei seiner mutmaßlichen Komplizen (einen Deutsch-Libanesen und zwei Türken) in Berlin fest. 16 Objekte wurden in der Hauptstadt durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. In mühevoller Kleinarbeit waren die Ermittler von der Staatsanwaltschaft Potsdam und dem Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg den Drahtziehern der ersten Euro-Fälschung in Deutschland auf die Spur gekommen, nachdem sie am 16. Dezember 2004 durch Zufall auf die Druckerei in der Gärtnerei in Caputh gestoßen waren. Nachbarn hatten von einer Hanfplantage in der alten Großgärtnerei im Schmerberger Weg in Caputh berichtet. Neben dem „Gras“, das die Bande im Nebenerwerb gezüchtet hatte, fanden die Beamten die komplette Fälscherwerkstatt mit Maschinen, Spezialfarben, gefälschten Sicherheitsmerkmalen für Euro-Scheine und mit bereits einseitig bedruckten Euro-Blüten von höchster Qualität. Gereicht hätte das Material laut Bundesbank für Euro-Blüten im Nennwert von mehr als einer Million Euro. Im Dezember waren in Caputh ein Weißrusse, der Potsdamer Jens H., der die Gärtnerei gemietet hatte, und ein Deutsch-Iraner aus Berlin festgenommen worden. Später ging den Fahndern ein weitere Weißrusse ins Netz. Alle vier sitzen noch immer in Untersuchungshaft und sollen demnächst vor dem Landgericht Potsdam angeklagt werden. Von Beginn an hatten die Ermittler spekuliert, dass die in Caputh Verhafteten Hintermänner hatten. Zu professionell die Ausrüstung – und zu ungeeignet erschienen sie, die Kosten vorzustrecken und die Blüten in den Verkehr zu bringen. Die Ermittler hatten zwei Ansätze: Zum einen haben sie offenbar einiges bei Vernehmungen erfahren. Zum anderen mussten sie sich in mühevoller Kleinarbeit um die Herkunft der in Caputh gefundenen Beweise kümmern – Farben, Papier, Maschinen, Hologramme. Eine erste Spur war die Offset-Druckmaschine. Die gestern verhafteten Hintermänner hatten die Maschine über das Internet-Auktionshaus Ebay gekauft, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, Jörg Wagner. Über den Verkäufer bzw. über die Daten von Ebay ergab sich die erste konkrete Spur. Schwieriger war es da schon für die Hintermänner an die Spezialfarben und besondere Chemikalien zu gelangen. Viele davon können nur gegen Angabe der Personalien erworben werden. Da einige der Farben nach PNN-Informationen direkt nach Caputh geliefert worden waren, konnten über die Lieferanten auch die Besteller ausfindig gemacht werden. Problem dabei: Die Farben und Chemikalien wurden in Westeuropa bestellt. Doch woher hatten die bisher eher durch Drogen- und Gewaltdelikte aufgefallenen Berliner das Know-how? Nach Informationen aus Ermittlerkreisen sollen sie sich dafür nach osteuropäischen Partnern umgesehen haben – denn besonders im Baltikum und Weißrussland wurden bislang Euro-Blüten gedruckt. Waren für Vorbereitung des Projektes und den Druck der Scheine schon Libanesen, Deutsche, Weißrussen und Türken in einem Boot, so fehlten noch die Fachmänner fürs Streuen der Blüten – das Einbringen der Falsifikate in den offiziellen Zahlungsverkehr. Nach PNN-Informationen hatten die Drahtzieher dafür Kontakt zu kriminellen Spezialisten in Holland und aus Gefilden „südlich der Alpen“ aufgenommen, so ein Ermittler, – vermutlich zu italianistischen Banden. Noch sind sich die Ermittler nicht sicher, ob sie schon alle Beteiligten der Blütenoperation gefasst haben: „ Wenn man so einen Komplex mit so vielen Beteiligten und Auslandskontakten ermittelt, werden noch andere Taten aus anderen Bereichen bekannt“, so ein Ermittler. Für Hussan Hassan S. reicht es nun erstmal nur zum deutschen Untersuchungshäftling – heute wird er mit den anderen drei dem Haftrichter in Potsdam vorgeführt. Sollte sich später all das, was die Ermittler der Bande vorwerfen, vor Gericht Bestand haben, wird er auf Jahre wenigstens festes Bestandteil einer deutschen Gefängnisgemeinschaft.
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