Brandenburg: Bombe: Potsdams Innenstadt und eine Klinik werden geräumt
Potsdam - Tiefe Stille wird sich am Sonnabendmittag über die Potsdamer Innenstadt senken. Im mit knapp 800 Betten, 300 Ärzten und 750 Pflegekräften zweitgrößten brandenburgischen Klinikum „Ernst von Bergmann“ werden dann nur noch etwa 30 nicht transportfähige Patienten behandelt – von Medizinern und Pflegern, die sich dafür freiwillig zur Verfügung gestellt haben.
Potsdam - Tiefe Stille wird sich am Sonnabendmittag über die Potsdamer Innenstadt senken. Im mit knapp 800 Betten, 300 Ärzten und 750 Pflegekräften zweitgrößten brandenburgischen Klinikum „Ernst von Bergmann“ werden dann nur noch etwa 30 nicht transportfähige Patienten behandelt – von Medizinern und Pflegern, die sich dafür freiwillig zur Verfügung gestellt haben. Sie müssen einige bange Minuten erleben, wenn Manuel Kunzendorf vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Wünsdorf versucht, eine am 29. Dezember vergangenen Jahres im Innenhof des Krankenhauses gefundene 250-Kilo-Fliegerbombe zu entschärfen.
Der Experte gibt sich zwar optimistisch, räumt aber ein, dass die Entschärfung nicht einfach wird, da die Bombe angerostet und mit Anhaftungen versehen ist, die vorsichtig entfernt werden müssen. Nach dem Fund der wahrscheinlich im April 1945 abgeworfenen Bombe amerikanischer Bauart war schnell klar, dass sie weder transportiert noch mitten in der Innenstadt gesprengt werden konnte.
Deshalb müssen am morgen etwa 5000 Potsdamer, die innerhalb einer 800-Meter-Sperrzone rund um das Klinikum wohnen, um acht Uhr morgens ihre Häuser verlassen. Um 13 Uhr soll die Entschärfung beginnen. Die Potsdamer Stadtverwaltung bittet Besucher, die Innenstadt – evakuiert werden muss auch das Holländische Viertel – zu meiden.
Inwischen ist das Krisenmanagement der Stadt und der Bergmann-Klinik in die Kritik geraten – vor allem, weil 200 Patienten, die nicht entlassen oder in Spezialeinrichtungen untergebracht wurden, in eine Turnhalle am Luftschiffhafen verlegt werden. „Wir sind doch nicht im Krieg“, sagte die Direktorin des katholischen St. Josefs- Krankenhaus in Potsdam, Adelheid Lanz: „Es wäre genug Zeit gewesen, diese Patienten in anderen Krankenhäuser unterzubringen.“ Brandenburgs AOK-Sprecher Jörg Trinogga sieht das ähnlich: „Möglicherweise befürchtete man finanzielle Einbußen, wenn man Patienten an andere Krankenhäuser in Potsdam oder Berlin abgegeben hätte. Aber das Wohl der Patienten muss Priorität haben, nichts anderes.“ Der Geschäftsführer des Bergmann-Klinikums, Lutz Bütow, wies die Vorwürfe zurück: Für die Betreuung der Patienten sei in der Turnhalle gut gesorgt.
Herbe Kritik mussten Stadtverwaltung und Klinikleitung auch wegen ihrer Informationspolitik einstecken. So hatte das St. Josefs-Krankenhaus erst aus der Zeitung erfahren, dass es für die seit gestern geschlossene Rettungsstelle des Bergmann-Klinikums einspringen sollte. „Wir haben das noch in den Griff bekommen“, sagt Direktorin Lanz: „Aber die Abstimmung war katastrophal. Man mag lieber nicht darüber nachdenken, wie es bei einer wirklichen Katastrophe wäre.“