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Brandenburg: Bombensuche auf dem Friedhof

Blindgänger-Gefahr: In Neuruppin können Grabstellen nicht genutzt werden / Spezialisten im Einsatz

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Neuruppin – Brandenburgs Kampfmittelräumer beginnen in Neuruppin demnächst mit der systematischen Bombensuche. Sie fahnden nach amerikanischen Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch der Evangelische Friedhof wird dabei untersucht. Denn am 10. und 20. April 1945 hatten 162 amerikanische Bomber ihre Tonnen schwere Sprengstofflast Tage vor Kriegsende über der Fontanestadt abgeladen.

Ziel der Angriffe war der Übungsflugplatz im Norden der Stadt in unmittelbarer Nähe des Neuruppiner Friedhofs. Mehr als 80 Bombentreffer gab es, aber 25 Prozent der amerikanischen Bomben sollen Blindgänger gewesen sein. „Der Gottesacker lag ja vis á vis dem Flugplatz. Große Teile sind durch Bomben auch auf dem Friedhof verwüstet worden“, erklärt Friedhofsverwalter Norbert Arndt. Wegen der vielen Blindgänger können heute viele Flächen auf dem Friedhof nicht genutzt werden.

Lange ahnte man in Neuruppin nichts von der Gefahr unter der Friedhofserde, denn die Amerikaner haben die Dokumentationsfotos ihrer Bombeneinschläge erst Ende der 90er Jahre herausgegeben. Nur durch Zufall hatte die Friedhofsverwaltung von den Blindgängern erfahren. Arndt war nach eigenen Angaben im Belegbuch des Friedhofes auf eine Ungereimtheit gestoßen. „1934 ist eine Frau beigesetzt an einer Grabstelle beigesetzt worden, der Ehemann Jahre später aber an einer anderen, obwohl neben seiner Frau noch Platz gewesen wäre. Das hat mich stutzig gemacht“, so der Friedhofschef. Die Vergleiche mit der amerikanischen Luftaufnahme, die nach der Wende zur Verfügung standen, haben diesen Verdacht erhärtet. „Eine Bohrung hat dies dann bestätigt“, so Arndt.

Im März 2000 haben Kampfmittelräumer dann eine 500 Kilo Bombe gefunden und entschärft. In viereinhalb Metern Tiefe lag sie fast unversehrt und noch mit zwei intakten Zündern. Im Laufe der Jahre sind sie tief in den Boden eingesackt. Das macht die Ortung so schwer und gefährlich.

Bei dem Bombenangriff auf die Stadt Neuruppin im April 1945 sind rund 300 Menschen gestorben. Die Opfer konnten nur in acht Massengräbern auf dem Evangelischen Friedhof beerdigt werden. „Die Männer waren entweder tot oder in Kriegsgefangenschaft. Darum mussten die Frauen die Toten auf dem Friedhof nach den Angriffen noch einmal beisetzen“, sagt Arndt. Bis zum Sommer 1946 ist die Zahl war die Zahl der Neuruppiner Kriegstoten noch auf 560 angestiegen.

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