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Brandenburg: Boom-Land für Mega-Ställe

Agrarminister räumt rasantes Wachstum ein

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Potsdam - Diese Zahlen könnten dem Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg gleich zu Beginn Auftrieb geben: Die Kapazität der großen Geflügelbetriebe im Land ist innerhalb von 20 Jahren um fast 75 Prozent gestiegen. 1992 meldeten die Betreiber großer Anlagen noch Platz für insgesamt 6,82 Millionen Hennen, Hähnchen, Enten und Puten an. 2012 waren es schon insgesamt 11,80 Millionen Plätze für Geflügeltiere. Das geht aus einer Antwort von Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervor.

Seit Mittwoch sammeln Umwelt- und Tierschutzverbände Unterschriften für ein Volksbegehren gegen Massentierhaltung. Mehr als 40 Initiativen wollen unter anderem große Mast- und Stallanlagen stoppen. Doch laut Landesregierung sind weitere Mega-Ställe bereits in Planung. An fünf Standorten läuft derzeit das Genehmigungsverfahren für insgesamt knapp 840 000 neue Mastplätze für Hähnchen. Dabei verdoppelte sich gerade deren Zahl in den vergangenen 20 Jahren bereits fast von 2,89 auf 5,40 Millionen. Zudem entfallen mehr als 99 Prozent der gewerblichen Schlachtungen auf Hähnchen. Im vergangenen Jahr wurde mit fast 56 Millionen Tieren ein Fünfjahreshöchststand erreicht.

Bio-Betriebe spielen laut Minister Vogelsänger in der Brandenburger Geflügelhaltung nur eine geringe Rolle. Lediglich knapp vier Prozent der Tierplätze fallen unter den Ökolandbau. Den Großteil machen Plätze für Bio-Legehennen aus, die immerhin auf einen Anteil von zehn Prozent kommen.

Für das Volksbegehren gegen Massentierhaltung müssen bis Januar kommenden Jahres 80 000 Unterschriften zusammenkommen. Im Erfolgsfall müsste sich der Landtag mit den Forderungen nach artgerechter Tierhaltung beschäftigen. Eine entsprechende Volksinitiative war im Frühjahr im Landtag an der rot-roten Regierungsmehrheit von SPD und Linke gescheitert, wobei die Linke durchaus Sympathien für die Ziele der Volksinitiative erkennen ließ, aber aus Koalitionsdisziplin stillhielt.

Das Aktionsbündnis „Agrarwende Berlin-Brandenburg“ fordert, dass in der Region künftig nur noch artgerechte Tierhaltung staatlich gefördert wird. Außerdem soll Brandenburg das sogenannte Kupieren, also das Abschneiden von Schwänzen und Schnäbeln, verbieten und einen Landestierschutzbeauftragten berufen. Zudem fordern die Natur- und Tierschutzverbände sowie Zusammenschlüsse aus dem Bereich des Ökolandbaus ein Klagerecht für Tierschutzverbände, ein stärkeres Mitspracherecht für Kommunen, schärfere Emissionsvorschriften für Ställe und schärfere Vorschriften für den Einsatz von Antibiotika. Wie berichtet gehören Brandenburgs Mastbetriebe zu jenen, die bundesweit am meisten Antibiotika einsetzen, wie Verbraucherschutzminister Helmuth Markov (Linke) jüngst einräumen musste.

Das Land solle nur noch Betriebe mit höheren Standards für das Tierwohl unterstützen. Zudem solle eine Förderhöchstgrenze von bis zu 40 000 Tieren bei Geflügel und bis zu 2000 Tieren in der Schweinemast eingeführt werden.

Agrarminister Vogelsänger dagegen hatte wiederholt erklärt, dass angesichts des durchschnittlich hohen Fleischkonsums in Deutschland der Bedarf der Verbraucher ohne die sogenannten Riesenställe „schwer zu realisieren“ sei. Statt generell große Anlagen zu verbieten, setzt er auf schärfere Kontrollen und Anreize für mehr Investitionen ins Tierwohl.

Alexander Riedel (mit axf)

Alexander Riedel (mit axf)

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