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Die SPD will lernschwache Kinder besser in Regelschulen integrieren. Die SPD-Fraktion beschloss dazu am Donnerstag bei ihrer Klausur in Joachimsthal mehrere Projekte.

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Bertelsmann-Studie: Brandenburg ist bei der Abi-Quote spitze

Im Schulsystem kommen statistisch auf einen Aufsteiger 2,5 Absteiger. Im Vergleich ist das gut

Von Matthias Matern

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Gütersloh/Potsdam – Nirgendwo in Ostdeutschland erreichen mehr Schüler die Hochschulreife als im Land Brandenburg. Auch bei der Durchlässigkeit des Schulsystems schneidet das Land gut ab. Zwar steigen auch hierzulande mehr Schüler die Leiter runter als rauf, aber unter den Ländern mit einem vergleichbaren Schulsystem schneidet Brandenburg mit einem Verhältnis von 1 zu 2,5 am zweitbesten ab. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Durchlässigkeit der deutschen Schulsysteme, die am Dienstag in Gütersloh vorgestellt wurde.

Laut der Bertelsmann-Stiftung sind im Schuljahr 2010/2011 bundesweit rund 50 000 Schüler zwischen der Klasse fünf und der Klassenstufe zehn auf eine niedrigere Schulform herabgestuft worden. Nur 23 000 Schüler allerdings stiegen im gleichen Zeitraum auf. Daraus ergibt sich ein durchschnittliches Verhältnis von eins zu zwei. Am ungünstigsten ist dieses Verhältnis nach Meinung der Bildungsexperten der Stiftung in Niedersachsen, wo auf einen Aufsteiger mehr als zehn Absteiger kommen. In Baden-Württemberg sind es 1 zu 1,5 und in Nordrhein-Westfalen 1 zu 5,6. Bayern ist das einzige Bundesland, in dem es mehr Aufsteiger als Absteiger gibt. Allerdings verweisen die Autoren der Studie auf die hohen Hürden beim Übergang von der Grundschule in eine weiterführende Schule. Aus Sicht von Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, spiegelt das bundesweite Verhältnis ein Versäumnis wider. „Ein Schulsystem darf nicht nur nach unten durchlässig sein. Abschulungen sind häufig noch pädagogische Praxis, viel zu selten wird hingegen geprüft, ob ein Schüler einen Aufstieg schaffen kann.“ Auf ein bundesweites Ranking haben die Autoren bewusst verzichtet. „Länder mit einem klassisch mehrgliedrigen Schulsystem und Länder mit nur zwei Schulformen lassen sich nicht wirklich vergleichen“, erläuterte Bertelsmann-Bildungsexpertin Antje Funcke am Mittwoch auf PNN-Nachfrage. Allerdings sei das Verhältnis zwischen Auf- und Absteigern in jenen Ländern mit mehr als zwei Schulformen besonders schlecht, wo die Hauptschule zur Restschule verkomme, so die Autoren.

Unter den Ländern mit einem zweigliedrigen Schulsystem – alle fünf ostdeutschen Länder – schneidet Brandenburg am zweitbesten ab. Insgesamt wechselten im Schuljahr 2010/2011 dort 1600 Schüler die Schulform, davon 470 in eine niedrigere Schulform und nur 189 in eine höhere. 120 schafften den Sprung ans Gymnasium. Die meisten Wechsler jedoch, insgesamt 766, veränderten nicht ihre Schulform, sondern tauschten zwischen Oberschule und integrierter Gesamtschule. „Positiv ist, dass in Brandenburg beim Aufbau des Schulsystems mit der integrierten Gesamtschule eine zweite Säule zum Erreichen der Hochschulreife geschaffen worden ist. In anderen Ostländern haben integrierte Gesamtschulen nicht so große Bedeutung“, lobte Funcke. Dementsprechend liegt Brandenburg mit einer Abi-Quote von 48,4 Prozent im Osten an der Spitze. Der Bundesschnitt liegt jedoch auch hierbei höher: bei 49 Prozent.

Kritisch bewertet wurde in der Studie erneut der hohe Anteil von Schulabbrechern. 9,8 Prozent der Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss. „Ein sehr hoher Wert“, so Funcke. „Eine richtige Erklärung können wir nicht bieten. Aber die meisten Schüler ohne Abschluss kommen aus den Förderschulen und diese haben im Osten eine höhere Bedeutung als im Westen.“

Immerhin, andere sind noch schlechter. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern mit 13,8 Prozent, gefolgt von Sachen-Anhalt mit 12,6 Prozent. In Berlin liegt die Quote bei 10,5 Prozent. Bundesweit sind es 6,5 Prozent. Insgesamt zog Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) ein positives Fazit der Studie. „Die Studie belegt einmal mehr, dass Brandenburg bei Bildungs- und Chancengerechtigkeit regelmäßig Spitzenplätze belegt“, sagte die Ministerin. „Wir wollen die bestmögliche Durchlässigkeit gewährleisten, damit auch Spätstarter Chancen haben“, erklärte Münch außerdem. Kritik an der brandenburgischen Bildungspolitik übte hingegen die FDP im brandenburgischen Landtag. Fraktionschef und Bildungsexperte Andreas Büttner bezeichnete die Abbrecherquote von knapp zehn Prozent als Armutszeugnis. „Die Konsequenz daraus muss heißen, dass der Unterricht endlich stärker auf die spätere Berufspraxis ausgerichtet wird“, forderte Büttner. Für eine hohe Bildungsqualität und somit mehr Chancengerechtigkeit würden aber auch eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen benötigt. „Dem verweigert sich die Landesregierung weiterhin“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende.

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