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Brandenburger Landwirtin im Klimawandel: „Selbst die Sonnenblumen vertrocknen“
In Brandenburg gibt es massive Ernteausfälle. Landwirtin Lilian Guzmán probiert nun neue Kulturen und Anbaumethoden – und denkt darüber nach, ob sich ihr Beruf noch lohnt.
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Wer regelmäßig durch Ostdeutschland fährt, kann es schon mit bloßem Auge erkennen: Das Getreide auf den Feldern ist viel zu früh reif und wird jetzt schon geerntet anstatt wie eigentlich üblich Ende Juli. Für Weizen, Gerste und Roggen ist die Sommersaison bereits gelaufen, bevor das Korn ausreifen konnte – Grund ist die anhaltende und inzwischen strukturelle Trockenheit aufgrund des Klimawandels.
Besonders betroffen ist Brandenburg mit seinen traditionell sandigen Böden, die Wasser nicht so gut speichern können. Welche Auswirkungen die Trockenheit hat und wie die Bäuerinnen und Bauern damit umgehen, erzählt Agraringenieurin Lilian Guzmán von der Agrargenossenschaft Groß Machnow im Interview. Die 48-Jährige verrät auch, welche Hoffnungen sie für ihren Berufsstand noch hat.
Frau Guzmán, wie wirkt sich die Trockenheit auf Ihren Ackerflächen aus?
Viele unserer Felder sind stark betroffen. Wir hatten in diesem Jahr nur die Hälfte der einmal üblichen Niederschläge, das zeigt sich besonders bei unseren Sommerkulturen. In Niederungen wächst der Mais noch ganz gut, aber auf vielen Flächen haben wir Totalausfälle – da schaffen es die Pflanzen nur, kleine Halme zu bilden, aber keine große Frucht. Bei der Gerste lag die Ernte 18 Prozent unter dem Durchschnitt. Selbst die Sonnenblumen vertrocknen. Sorgen machen uns neuerdings die Kartoffeln. Diese beregnen wir normalerweise regelmäßig. Da aber der Wasserstand im Kanal wegen der Trockenheit zu niedrig ist, haben wir gerade keine Erlaubnis für die Wasserentnahme mehr.
Der Lavendel wächst inzwischen gut.
Lilian Guzmán über mediterrane Pflanzen in Ostdeutschland.
Beobachten Sie eine Veränderung des Klimas in den vergangenen Jahren?
Es bräuchte noch viele Landregen, bis der Boden wieder eine gewisse Feuchte hätte. Selbst in den tieferen Schichten ist er stark ausgetrocknet. Hinzu kommt der Wind, der das Wasser an den Oberflächen schnell trocknet. Beim Getreide steigen wir mehr und mehr auf Winterkulturen um, weil es im Frühjahr noch die normale Restfeuchte im Boden gibt, die diese mitnehmen können. Die letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass die Frühjahre immer trockener werden mit langen Durststrecken. Hinzu kommen immer mildere Winter. Die Obstbäume brauchen eigentlich Ruhephasen, die sie zum Beispiel bei Frost haben. Auch der Raps kommt schwer über den Winter, wenn er im Januar und Februar nur im schlammigen Boden liegt, der danach austrocknet.

© dpa/Patrick Pleul
Wie kann der Boden anders bewirtschaftet werden, um weniger Wasser zu verbrauchen?
Wir probieren bodenschonende Maßnahmen wie einen streifenförmigen Anbau. Dabei wird die gerade geerntete Kultur nicht vollständig entfernt, sodass sie noch Nährstoffe und einen Rest Feuchtigkeit speichern kann. Neu gesät wird dann nur in Streifen, dafür werden Pflanzlöcher in bestimmten Abständen gestochen, gesteuert mit GPS. Wir haben uns extra eine Drillmaschine gekauft, die kostet 100.000 Euro. Dieses Geld muss erst einmal wieder reinkommen. Wir machen auch bei einem bundesweiten Humusprojekt mit. Dabei setzen wir zwischen den Pflanzperioden noch Zwischenfrüchte wie Kohl, Buchweizen oder Senf ein. Die werden dann wieder eingearbeitet bei der nächsten Pflanzperiode, um den Boden zu verbessern.
Braucht es bald andere, womöglich mediterrane Kulturen in Ostdeutschland?
Brandenburg ist eine Sandbüchse, der Boden hier speichert generell wenige Nährstoffe, es gibt viel Erosion. Dennoch kann man vieles ausprobieren. Der Lavendel wächst inzwischen gut und sieht ja auch schön aus. Aber bevor man den großflächig anbaut, braucht es erst einmal einen Markt dafür, der einem die Mengen auch abnimmt. Bisher sind mediterrane Pflanzen wie Kichererbsen noch Nischenprodukte.
Die Preise, die der Großhandel zahlt, sind für uns kaum kostendeckend.
Lilian Guzmán über ihre immer schlechtere Wirtschaftslage.
Lohnt sich die Landwirtschaft langfristig noch?
Das fragen wir uns auch. Wir leben generell unter dem Preisdiktat des Weltmarktes. Die Preise, die der Großhandel zahlt, sind für uns kaum kostendeckend. Auch die Ökomaßnahmen kosten Geld. Die Landwirte werden mehr und mehr in Rolle die Rolle von Naturschützern gedrängt. Aber wir müssen auch Erträge erwirtschaften und die Bevölkerung versorgen. Wir haben jetzt mit der Direktvermarktung angefangen. Wir lassen unser Korn bei einer Mühle in der Nähe mahlen und verkaufen es dann direkt bei uns im Hofladen.
Wann haben Sie sich zum letzten Mal gefreut?
Als es diese Woche endlich geregnet hat. Ich stand mit meinem Kollegen am Fenster und wir haben gelacht wie die kleinen Kinder. Wir konnten endlich mal aufatmen, wenn auch nur für einen kurzen Moment.
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Dieses Interview erschien zuerst im Tagesspiegel-Newsletter „Im Osten“, der wöchentlich die Entwicklungen und Veränderungen in Ostdeutschland beschreibt. Zu einem kostenlosen Abo geht es hier.
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