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SPD bremst bei Ludwigs Reformideen: Brandenburgs Justizminister für Mindestlohn für Häftlinge

Potsdam - Selbst beim Koalitionspartner in Brandenburgs rot-roter Landesregierung stößt der neue Justizminister Stefan Ludwig (Linke) mit seinen Reforminitiativen zur weiteren Liberalisierung im Strafvollzug auf Widerstand. Für Ludwig, seit einem Monat im Amt, ein denkbar schlechter Start: Am heutigen Mittwoch und morgigen Donnerstag leitet Ludwig im havelländischen Nauen die Konferenz der Justizminister von Bund und Ländern, deren Vorsitz Brandenburg erstmals seit 16 Jahren wieder innehat.

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Potsdam - Selbst beim Koalitionspartner in Brandenburgs rot-roter Landesregierung stößt der neue Justizminister Stefan Ludwig (Linke) mit seinen Reforminitiativen zur weiteren Liberalisierung im Strafvollzug auf Widerstand. Für Ludwig, seit einem Monat im Amt, ein denkbar schlechter Start: Am heutigen Mittwoch und morgigen Donnerstag leitet Ludwig im havelländischen Nauen die Konferenz der Justizminister von Bund und Ländern, deren Vorsitz Brandenburg erstmals seit 16 Jahren wieder innehat. Ausgerechnet einen Tag zuvor bremste die SPD-Fraktion den Minister mit dessen Agenda aus. Dazu zählen Rentenpunkte für Arbeit im Knast und der Wegfall der Ersatzfreiheitsstrafe für nicht gezahlte Geldstrafen. In der Fachwelt ist das alles seit Jahren Thema, politisch aber ein heißes Eisen. Zudem hatte Ludwig am Montag ein Thema in die Welt gesetzt, dass bei der Justizministerkonferenz gar nicht auf der Tagesordnung steht: der Mindestlohn für Strafgefangene. Ludwig lieferte damit Zündstoff für Kritiker der Justizpolitik der Linken. Am Dienstag legte Ludwig nach. Er sei grundsätzlich Befürworter des Mindestlohns, aktuell 8,50 Euro, auch für Gefangene, aus prinzipiellen Erwägungen, aber auch, „weil nur so Opfer von Straftaten eine realistische Chance haben, von einem Täter eine Entschädigungsleistung zu erhalten.“

Mit der SPD ist das nicht zu machen. Landtagsfraktionschef Mike Bischoff sagte dazu schlicht: „Ich halte die Diskussion für falsch.“ Inhaftierte müssten nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen, sondern arbeiteten an ihrer Resozialisierung. Auch die von Ludwig geforderte Abschaffung der Ersatzhaft bei nicht gezahlten Geldstrafen und Rentenpunkte für Knastjobs stoßen beim Koalitionspartner auf Ablehnung, Tenor: Darüber könne man sicherlich diskutieren, auch ob das im Moment das richtige Signal ist, allerdings seien dies wohl nicht die drängendsten Probleme. Bei einer Abschaffung der Ersatzhaft stehe zu befürchten, dass niemand mehr die Strafe zahle, weil er keine Sanktionen zu befürchten habe, so Bischoff.

Die CDU kritisierte, die Landesregierung sollte nicht so sehr die Täter in den Mittelpunkt stellen, sondern die Opfer. Der Vorschlag Ludwigs komme zudem zur Unzeit, da der Personalmangel im Justizbereich, besonders an Gerichten mit überlangen Verfahren und an den Gefängnissen, wesentlich drängender sei, sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben.

Einen noch größeren Bogen zog Landtags-Vizepräsident Dieter Dombrowski, der Vorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft ist. Etwa 250 000 unschuldige Justizopfer seien im DDR-Knast mit Zwangsarbeit schamlos ausgebeutet und später nicht entschädigt worden. Es wäre schön, wenn die Landesregierung den Opfern der SED-Diktatur nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit schenkt, „wie sie rechtskräftig verurteilten Straftätern zuteil wird“.

Auch Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), den Ludwig heute in Nauen trifft, ist gegen einen Mindestlohn für Gefangene. Das wäre ein völlig falsches Signal. „Beschäftigung im Gefängnis ist ein vom Steuerzahler voll finanzierter Zuschussbetrieb“, sagte Heilmann. Arbeit im Justizvollzug diene der Resozialisierung. Ein Häftling koste die Allgemeinheit rund 130 Euro pro Tag. Oft seien Inhaftierte nicht in der Lage, konzentriert über Stunden zu arbeiten. Viele Insassen bräuchten sozialtherapeutische Betreuung. Für einen Vollzeit-Job im Knast gibt es in Brandenburg derzeit bis zu 300 Euro. A. Fröhlich (mit dpa)

A. Fröhlich (mit dpa)

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