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Neonazi-Trio: Brandenburgs Verfassungschutz warnte schon 1998
Nach einem V-Mann-Hinweis soll der brandenburgische Nachrichtendienst schon vor 13 Jahren das Bundesamt und die Kollegen in Thüringen und Sachsen gewarnt haben, dass sich das abgetauchte Neonazi-Trio bewaffnet, schreibt der "Spiegel". Warum nichts geschah und weitere Ungereimtheiten:
Stand:
Potsdam/Hamburg - Ein V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes hat offenbar schon vor 13 Jahren darüber berichtet, dass sich das extremistische Neonazi-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gezielt bewaffnet. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Demnach hatte die Verfassungsschutzabteilung der brandenburgischen Innenministeriums das Bundesamt für Verfassungsschutz schon im Jahr 1998 darüber informiert, dass sich das untergetauchte Neonazi-Trio Waffen besorgte.
Zudem wurden die Verfassungsschützer informiert, dass mit den Waffen Überfälle begangen werden sollten.
Neben dem Bundesamt, so der "Spiegel" wurden von den Potsdamer Nachrichtendienstlern die Informationen auch an deren Kollegen in Sachsen und Thüringen weitergeleitet. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren Anfang 1998 untergetaucht.
Thüringer Zielfahnder haben das Neonazi-Trio nach einem "Focus"-Bericht bereits vor zehn Jahren in Sachsen aufgespürt. Das belege ein Observationsfoto der Polizisten von 2001, berichtet das Magazin. Es beruft sich dabei auf einen Thüringer Landtagsabgeordneten, der Einblick in die Ermittlungsakten hatte. Demnach sollen auf dem Foto Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe "glasklar" zu erkennen gewesen sein. Offen sei, warum die Polizei damals nicht zugriff.
Von der Möglichkeit einer Festnahme hatte vor Tagen bereits MDR Thüringen berichtet. Kurz vor dem Zugriff sei der Einsatz aber aus unbekanntem Grund abgebrochen worden. Das Landeskriminalamt (LKA) hatte das dementiert.
Unterdessen hat ein langjähriger Bekannter des Trios, dessen Wohnung in Jena erst durchsucht worden war, im "Focus" enge Kontakte zu den im Untergrund lebenden Neonazis eingeräumt. "Es ist klar, dass sie sich in einer solchen Situation an Menschen wenden, denen sie vertrauen", wird das frühere NPD-Vorstandsmitglied zitiert. Vor ein paar Jahren habe er den Kontakt abgebrochen. Die von dem Trio gegründete Organisation "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) habe er nicht gekannt.
Das Neonazi-Trio wird eine bundesweite Mordserie an neun Migranten zwischen 2000 und 2006 sowie der Mord an einer Polizistin in Heilbronn 2007 zur Last gelegt. Außerdem soll die Zelle zwei Sprengstoffanschläge 2001 und 2004 in Köln verübt haben, bei denen insgesamt 23 Menschen verletzt wurden. Die Gruppe aus Thüringen war in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten. 1998 tauchte das Trio unter und lebte jahrelang unentdeckt im sächsischen Zwickau. Mundlos und Böhnhardt seien "ihre Familie" gewesen, habe Zschäpe Polizeibeamten in Zwickau nach ihrer Festnahme erzählt, berichtete die "Süddeutsche".
Woher die brandenburgischen Verfassungsschützer schon 1998 den Hinweis hatten, dass sich das Trio bewaffnet, blieb am Wochenende zunächst unklar. Erst am Donnerstag war aber, wie berichtet, ein Helfer des Trios im Landkreis Potsdam-Mittelmark von Angehörigen der Anti-Terroreinheit GSG9 verhaftet worden. Die Fahnder schlugen auf einem Gehöft in Grabow, einem Ortsteil der Gemeinde Mühlenfließ zu. Der Hof ist als Treffpunkt der rechten Szene bekannt. Der verhaftete 32-jährige Andre E. aus Zwickau war dort bei seinem Zwillingsbruder untergetaucht. (mit dpa/dapd/AFP)
MEHR ZU DEM TEHMA UND EINEN BERICHT AUS DEM MITTELMÄRKISCHEN GRABOW, WO EIN MUTMASSLICHER TERROR-HELFER LEBTE, FINDEN SIE IN DER MONATGSAUSGABE DER POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN
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