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Brandenburg: Chipfabrik: Rechtsstreit um Patente

Frankfurter Halbleiter-Institut sucht neue Partner / Direktor: Seit Monaten „Vorsorge“ getroffen

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Frankfurter Halbleiter-Institut sucht neue Partner / Direktor: Seit Monaten „Vorsorge“ getroffen Von Michael Mara Potsdam. Das angesehene Institut für Halbleiterphysik (IHP) in Frankfurt (Oder) ist durch das Scheitern der Chipfabrik nicht gefährdet. Das betonten gestern Wissenschaftsministerin Johanna Wanka und Instituts-Direktor Wolfgang Mehr in Potsdam. Das IHP ist mit rund 15 Prozent an der Communicant AG beteiligt. die die Chipfabrik bauen wollte und jetzt in die Liquidation oder Insolvenz gehen muss. Allerdings bestritten Wanka und Mehr nicht, dass die Auflösung der Communicant AG nachteilige Auswirkungen auch auf das staatliche Institut habe. Es hat der Communicant AG seine Patente zur Verfügung gestellt und sollte die Technologie bis zur Produktionsreife entwickeln. Derzeit gebe es einen Rechtsstreit um die Nutzung der Patente, bestätigte Mehr. Das IHP stehe auf dem Standpunkt, dass die Communicant AG sie wegen mehrfacher Vertragsverletzungen nicht verwenden dürfe. Doch deren Vorstandschef Abbas Ourmazd, früher Direktor des IHP, akzeptiere das nicht, so dass die Anwälte jetzt den Rechtsweg beschreiten würden. Davon abgesehen gingen dem jährlich vom Staat mit rund 15 Millionen Euro geförderten IHP allein 2004 eingeplante Einnahmen in Höhe von sechs bis acht Millionen Euro verloren. Die Communicant AG sollte diesen Betrag für die Weiterentwicklung der Technologie bis zur Produktionsreife bezahlen. Da er nicht kommt, rechnet Mehr im ersten Halbjahr 2004 mit einem „finanziellen Engpass“. Außerdem würden Geräte im Wert von rund 30 Millionen Euro, die die Communicant AG dem IHP für die Entwicklung zur Verfügung gestellt habe, an die Ausrüster zurückgehen, da sie nicht bezahlt seien. Man bemühe sich jetzt darum, einige von den Lieferanten zu kaufen, sagte Mehr. Der IHP-Direktor räumte auch einen Imageschaden für das IHP ein, das bisher als Vorzeigeinstitut galt. Man habe jedoch seit Monaten „Vorsorge“ getroffen und Geschäftsbeziehungen zu neuen oder früheren Partnern angebahnt. Mehr bestätigte, dass durch die starke Konzentration des IHP auf Communicant – Gesellschafter ist auch der US-Chiphersteller Intel – alte Partner „abgesprungen“ seien. Man arbeite jetzt aber wieder mit Motorola und Infineon zusammen, habe auch erste Kontakte zum Chiphersteller ABM in Dresden geknüpft. Nach dem Communicant-Desaster werde die Strategie neu ausgerichtet. Dies sei nötig, um die ausfallenden Einnahmen zu ersetzen. Insolvenz oder „stille Liquidation“? Offen ist, ob das IHP als Gesellschafter der von Vorstandschef Abbas Ourmazd beabsichtigten „stillen Liquidation“ der Communicant AG zustimmen wird. Sie könnte sich für das IHP zum Beispiel im Streit um die Nutzung der Patente nachteilig auswirken, ist obendrein für die Gesellschafter mit höheren Kosten verbunden. Man habe deshalb Bedingungen gestellt, sagte IHP-Direktor Mehr. Würden sie nicht erfüllt, würde das IHP die „stille Liquidation“ auf der für Januar vorgesehenen Gesellschafterversammlung ablehnen und die Insolvenz bevorzugen. Auch die Landesregierung steht der stillen Liquidation – Brandenburg ist mit etwa sechs Prozent an der Communicant AG beteiligt – unter anderem wegen möglicher zusätzlicher Kosten kritisch gegenüber. Da auch die Mehrzahl der Investoren der GSMC Planning – sie hält 15 Prozent der Anteile an Communicant – die „stille Liquidation“ ablehnt, gilt es als ungewiss, ob auf der Gesellschafterversammlung die notwendige 75-prozentige Mehrheit dafür zustande kommen wird. Mehr zeigte sich überzeugt, dass das vor 20 Jahren, also noch zu DDR-Zeiten, gegründete Institut auch die aktuellen Stürme überstehen werde. Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) habe es 2002 bereits für 55 Millionen Euro an das Emirat Dubai verkaufen wollen, dem Hauptfinanzier der Chipfabrik. Bundes- und Landesregierung hatten den Plan jedoch schnell verworfen. Das Interesse an einer Zusammenarbeit mit Dubai bestehe aber fort, sagte Mehr – allerdings ohne Communicant.

Michael Mara

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