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Tourismus: Christoffers will Tourismusabgabe einführen
Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) will alle, die am Tourismus verdienen, künftig für den Erhalt der Infrastruktur zur Kasse bitten.
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Potsdam - Angesichts immer knapper werdenden Landesmittel sei es notwendig, dass Hotelbetreiber, Gaststätteninhaber aber auch andere Branchen, die vom Tourismus profitieren, wie etwa der Einzelhandel, ihren Beitrag leisten, sagte Christoffers am Freitag auf dem 19. Brandenburgischen Tourismustag in Potsdam. „Wir haben in Brandenburg rund 130 Millionen touristischer Aufenthaltstage im Jahr, die mit unternehmerischer Wertschöpfung verbunden sind. Diejenigen, die davon profitieren, werden sich auch die daraus resultierenden Lasten teilen müssen“, betonte er. Klar sei, dass Bund, Länder und Kommunen trotz des Steueraufkommens, das aus dem Tourismus generiert werde, damit nicht allein die öffentlichen Infrastrukturen finanzieren könnten.
Der Minister verwies dabei vor allem auf die sinkenden Zuweisungen der Europäischen Union in der kommenden Förderperiode. Wie berichtet, erhält das Land aller Voraussicht nach zwischen 2014 bis 2020 aufgrund des Verlustes seines Höchstförderstatus nur noch zwei Milliarden Euro aus Brüssel und damit rund eine Milliarde Euro weniger als in dem Zeitraum 2007 bis 2013.
Eine Bettensteuer, wie sie jüngst etwa in der Landeshauptstadt Potsdam im Zusammenhang mit dem Wegfall der Hauptstadtzulage diskutiert wurde, lehnte Christoffers jedoch ab. „Gegenüber der Hotellerie und anderen Übernachtungseinrichtungen wäre das ungerecht“, so der Minister. Schließlich würden auch andere Zweige profitieren. Konkrete Pläne, wie eine solche Abgabe aussehen könnte, gebe es jedoch noch nicht. „Wir führen dazu derzeit informelle Gespräche“, teilte der Minister mit. Er versicherte der Branche, die notwendigen Schritte gemeinsam mit den touristischen Verbänden und Institutionen zu gestalten.
Noch bis vor Kurzem galt die Einführung eines Infrastruktur-Solis bei den Branchenfunktionären als rotes Tuch. Als Anfang Juli Potsdams Beigeordnete für Kultur, Sport und Bildung, Iris Jana Magdowski (CDU) eine Tourismusabgabe oder Bettensteuer als Kompensation für künftig ausbleibenden Zuweisungen des Landes an Potsdam ins Spiel brachte, reagierte sowohl der brandenburgische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als auch Brandenburgs oberster Tourismusvermarkter Dieter Hütte empört. Offensichtlich solle sich der Tourismus zur berühmten „eierlegenden Wollmilchsau“ entwickeln, der neben den Schlössern und Gärten der Stadt nun auch kommunale Aufgaben mitfinanziere, schimpfte der Geschäftsführer der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH. „Wir als Dehoga lehnen eine Bettensteuer, Tourismusabgabe oder wie auch immer eine neue Abgabe heißen möge, ab“, poltert Dehoga-Chef Olaf Lücke.
Nun offenbar will Hütte dem Wirtschaftsminister zumindest ein Stück weit entgegenkommen. Eine Pflichtabgabe aber lehnt er ab. „Wir plädieren für eine freiwillige Umlagenfinanzierung, ähnlich wie es sie in Nürnberg gibt“, sagte Hütte gestern.
Wie berichtet, tüftelt Potsdam ebenfalls gerade an einem geeigneten Abgabe-Modell. Dazu hat die Stadt extra eine Arbeitsgruppe unter Federführung der städtischen Wirtschaftsförderung eingerichtet. Voraussetzung einer wie auch immer gearteten Abgabe wäre ohnehin eine Änderung des Kommunalabgabegesetz durch den Landtag. Denn außer Kurorten seien nur Gemeinden dazu berechtigt, einen Fremdenverkehrsbeitrag zu erheben, in denen die „Zahl der Fremdübernachtungen im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt“, heißt es im Gesetzestext.
Gleich mit geändert werden müsste das Ladenöffnungsgesetz, findet Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. „Bislang kenne ich solche Abgaben nur für Branchen, die dem Touristen auch eine Leistung anbieten können, wenn er da ist.“ Derzeit dürfen Geschäfte jedoch an höchstens sechs Sonn- oder Feiertagen im Jahr in der Zeit von 13 bis 20 Uhr öffnen. Dabei spiele gerade der Wochenend-Tourismus im Land Brandenburg eine wichtige Rolle, so Busch-Petersen gestern. Ein liberaleres Ladenöffnungsgesetz sei deshalb „die Grundlage für jegliche Diskussion“.
Eine naheliegende Forderung, mit der zu rechnen war, weiß auch Christoffers. „Das Thema muss natürlich mitdiskutiert werden“, räumte er ein.
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