Brandenburg: Das 800-Millionen-Paket
Die Berliner Koalitionsrunde diskutierte über höhere Einnahmen und geringere Ausgaben
Stand:
Berlin - SPD und Linkspartei/PDS haben gestern über das neue Sparpaket von Finanzsenator Thilo Sarrazin diskutiert. In der ersten großen Koalitionsrunde zur Finanzpolitik bis 2011 ging es um die Frage, ob über die bisherigen Ausgabenkürzungen hinaus – 3,2 Milliarden Euro seit 1995 – weitere 800 Millionen Euro eingespart werden sollen. Nur so ließe sich nach den Berechnungen der Finanzverwaltung bis zum Ende der Wahlperiode ein verfassungsmäßiger Haushalt aufstellen.
Um dieses Ziel zu erreichen, das koalitionsintern strittig ist, muss die Neuverschuldung bis 2011 auf die Höhe der Investitionen verringert werden. Das wären 1,4 Milliarden Euro; etwa die Hälfte der Kreditaufnahme 2006. Die derzeit heftig sprudelnden Steuereinnahmen sind in Sarrazins Sparmodell schon eingebaut. Er rechnet im laufenden Jahr mit Mehreinnahmen von 650 Millionen Euro aus Steuern und Länderfinanzausgleich. Anfang November wird die neue bundesweite Steuerschätzung vorgelegt.
Unmittelbar beeinflussen kann der Senat die Gewerbe- und die Grundsteuer. Die PDS hätte gegen eine Erhöhung der Steuersätze, vor allem bei der Gewerbesteuer, nichts einzuwenden. Die SPD-Führung ist aus wirtschaftspolitischen Gründen skeptisch. Bei der Sparklausur des rot-roten Senats im Sommer 2005 war Sarrazins Vorschlag abgelehnt worden, beide Hebesätze auf Hamburger Niveau zu erhöhen. Das hätte 225 Millionen Euro zusätzlich eingebracht. Weitere Einnahmequellen könnten sein: Dividendenzahlungen der städtischen Wohnungsunternehmen; einen Verkauf der Gesellschaften schließen SPD und Linkspartei aus. Der SPD-Landeschef Michael Müller hat vorgeschlagen, Studiengebühren für Nicht-Berliner zu erheben.
Auch um weitere Kürzungen beim Landespersonal wurde in der Koalitionsrunde ein heftiger Streit erwartet. Die Schließung öffentlicher Einrichtungen ist ein Tabu. Doch die Übernahme und Sanierung der Staatsoper durch den Bund könnte eine Kostenentlastung bringen. Auf die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 bis zum Alexanderplatz möchte die Koalition verzichten, um die frei werdenden Investitionsmittel einzusparen oder umzuschichten. Die PDS hat einen Sozialpass, nicht nur für Fahrten mit der BVG, ins Gespräch gebracht. Aber mit Sicherheit wird die Koalitionsrunde nicht auf Mehrausgaben einigen können. Einzige Ausnahme: Die kostenlose Kitabetreuung, die der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit im Wahlkampf versprochen hatte.
Finanzsenator Sarrazin strebt außerdem an, dass die regelmäßig überbordenden Sozialkosten aus den Hartz-Reformen eingedämmt werden. Auch 2006 müssen dafür etwa 250 Millionen Euro mehr ausgegeben werden als im Haushalt eingeplant sind. Eine Kürzung von Sozialleistungen will die Linkspartei nicht akzeptieren. Ohnehin war nicht damit zu rechnen, dass sich die Koalitionsrunde schon am Montag auf ein verbindliches Sparpaket und eine Finanzplanung bis 2010 verständigen würde.
Die Devise, die in beiden Parteien nach dem Karlsruher Urteil ausgegeben wird: Schnellschüsse vermeiden, sich allmählich an künftige Sparziele herantasten. Die Standortvorteile der Stadt – Wissenschaft, Bildung, Kultur und zukunftsträchtige Wirtschaftsbranchen, sollen unangetastet bleiben. Über die Hauptstadtfinanzierung soll mit dem Bund verhandelt werden. In Relation zu der milliardenschweren Sanierungshilfe des Bundes, die Berlin beim Bundesverfassungsgericht erfolglos eingeklagt hat, sind das aber nur „Peanuts“.
Von dem Ziel, die Neuverschuldung Berlins zu stoppen, haben SPD und PDS schon Abschied genommen. Dafür müssten die öffentlichen Ausgaben bis 2020 um weitere drei Milliarden Euro gekürzt werden. „Das ist nicht zu schaffen“, sagt auch Sarrazin. Doch anschärfen will er den Sparkurs schon: „Um größere Schäden für Berlin zu vermeiden, müssen kleine Unannehmlichkeiten und Entbehrungen von den Bürgern in Kauf genommen werden.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: