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Brandenburg: Das Alpha-Tierchen

Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz wird der Rücktritt nahegelegt, weil seine fachliche Arbeit als unmodern gilt

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Berlin - Die Kritik an Berlins Zoo- und Tierpark-Chef Bernhard Blaszkiewitz nimmt an Schärfe zu. Am Montag sagte der tierschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Alexander Herrmann, er halte Blaszkiewitz „für untragbar. Es ist auch mit Blick auf Verfehlungen des Zoodirektors in der Vergangenheit an der Zeit, personelle Konsequenzen zu ziehen, auch um Schaden von Zoo und Tierpark abzuwenden.“ Simon Kowalewski, frauen- und tierschutzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion, forderte, „Zoo und Tierpark im Interesse der Öffentlichkeit, der Mitarbeiterinnen und des Landes Berlin dringend zu reformieren. Blaszkiewitz steht auf der Bremse der Modernisisierung.“ Am Montagabend wollte sich das Präsidium des Aufsichtsrates der Zoo AG zu einer Sitzung treffen, um zunächst einmal die Beteiligten zu hören. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Sitzung noch nicht beendet.

Anlass für die jüngste Debatte um Blaszkiewitz als Vorstand der Zoologische Garten Berlin AG sowie als Direktor für Zoo und Tierpark ist die Anrede beziehungsweise Bezeichnung von Mitarbeiterinnen in einer Aktennotiz mit den Ziffern „0,1“. Diese Bezeichnung bedeutet „ein Weibchen“ oder „ein weibliches Exemplar“. Laut Zoo-Experten ist eine solche Formulierung zwar in der Umgangssprache unter Kollegen üblich – nicht aber in offiziellen internen Anschreiben.

Der tierschutzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, sagte, „wir kennen ja schon einige Marotten von Herrn Blaszkiewitz, aber dieser Blödsinn hat auf geschäftlichen Unterlagen des Tierparks nichts zu suchen“. Alle aktuellen Vorwürfe seien so schwerwiegend, dass es „jetzt nicht mit Business as usual weitergehen kann“. Buchholz sagte, es gebe von Zoo-Aufsichtsrat und den Beschäftigten Vorwürfe, die geklärt werden müssten. Derzeit hat der Zoo 228 Beschäftigte und 18 Auszubildende, der Tierpark 192 Mitarbeiter und 15 Lehrlinge.

Blaszkiewitz hatte bei einer Betriebsversammlung angeblich darüber philosophiert, ob Weihnachtsgeld auch Nicht-Kirchenmitgliedern zustehe. Dazu sagte die Gewerkschaftsvorsitzende Susanne Stumpenhusen von Verdi der Nachrichtenagentur dpa, die Diskussionen seien „Quatsch“ und „Blödsinn“. Die tarifliche Leistung sei unabhängig von der Einstellung zur Religion an alle zu zahlen.

Dass die Debatte um eine „0,1“-Bezeichnung dermaßen hochkocht, ist mit einem Blick in die Vergangenheit zu erklären. So wird der Direktor zwar unter Zooexperten immer wieder für seinen artenreichsten Zoo der Welt gelobt. Doch Politiker, Stadtvermarkter, Tierschützer und auch viele Besucher stellen seit Jahren immer wieder die Frage, ob Blaskiewitz als Traditionalist die richtige Führungspersönlichkeit ist, die das Image Berlins prägen.

Ihren Höhepunkt hatte die Kritik am Direktor, als seine Einrichtung dank des in aller Welt beliebten Zoostars, des handaufgezogenen Eisbären Knut, international bekannt wurde und Millionengewinne verbuchte. Blaszkiewitz war der Medienhype um Knut suspekt. Politiker aller Parteien und auch Berlins Tourismuswerber beklagten, er würde die öffentliche Aufmerksamkeit für seine Einrichtungen nicht – auch in seinem Sinne – ausnutzen. Das Angebot eine Mobilfunkunternehmens, dem Publikumsmagneten ein größeres Gehege zu bauen, schlug er aus.

Ein Projekt für ein modernes Besucherleitsystem in Kooperation mit einer Universität scheiterte. Der Chef wollte keine Sponsorenauftritte im Zoo. Zudem ist er Computerbildschirm-Infos, wie in Zoos international üblich, gegenüber abgeneigt, weil sie die Aufmerksamkeit vom Tier ablenken. Noch heute ist im Zoo, den zum großen Teil Touristen besuchen, alles nur auf Deutsch ausgeschildert. Angaben etwa zu Auswirkungen des Klimawandels oder zu bedrohtem Lebensraum fehlen. Blaszkiewitz will Tiere präsentieren, das sei die Hauptaufgabe eines Zoos. Dazu verpaart er auch Geschwistertiere, was die Grünen-Tierschützerin Claudia Hämmerling als „Inzest“ kritisiert.

Kritik von den Tierexperten gab es immer wieder an nicht transparenten Tiertransporten. Im Abgeordnetenhaus musste Blaszkiewitz einst zu den Katzenbabys aussagen, denen er das Genick brach, weil sie Infektionen einschleppen könnten. Lange angekettete Elefanten im Tierpark erregten die Gemüter; Blaszkiewitz feiert aber auch große Zuchterfolge.

Angesichts der Debatten fordern die Grünen wieder eine konzeptionelle Fachaufsicht im Senat, so wie in anderen Städten. Zudem müssten Zoo und Tierpark endlich moderner werden, um mit mehr Besuchern die Einnahmen zu erhöhen.

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