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Ohne Lizenz? Zufahrt zum Hof des Bestattungsfuhrunternehmens.

© dpa

Leichensuche: „Das erinnert an Kadaver-Entsorgung“

Im Fall des mit zwölf Leichen im Laderaum in Hoppegarten gestohlenen Kleintransporters sind die Ermittler zuversichtlich, bald genaue Hinweise auf die Täter, zumindest aber auf der Verbleib der Leichen zu bekommen.

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Stahnsdorf/Hoppegarten - Michael Neff, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), sagte am Freitag: „Inzwischen haben auch polnische Medien über den bislang einmaligen Fall berichtet, deshalb sind wir optimistisch, dass wir bald die entscheidenden Hinweise erhalten.“ Wie berichtet war der Transporter in der Nacht zum Montag aus einem Gewerbegebiet an der Grenze zwischen Hoppegarten und Berlin gestohlen worden. Die Polizei geht davon aus, dass die Fahrzeugdiebe von der ungewöhnlichen Fracht nichts wussten.

Unterdessen häuft sich die Kritik am Umgang der bestohlenen Firma mit den Leichen, die in ein sächsisches Krematorium gebracht werden sollten, weil dies dort billiger ist als in Berlin und Brandenburg. Der Fall sei „einfach ein Skandal“, sagte der Leiter des größten evangelischen Friedhofs in Deutschland, Olaf Ihlefeldt, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst. Ihlefeld leitet den Stahnsdorfer Südwestkirchhof. Zuvor hatte bereits die Bestatterinnung die Firma kritisiert.

Der Leiter des Ethikzentrums Jena, Nikolaus Knoepffler, sagte am Freitag, es sei fragwürdig, menschliche Leichname „in einer Form zu bestatten, die eher an ein Entsorgen von Tierkadavern erinnert“. Es sei ein Zeichen von Kultur und Menschlichkeit, Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, sagte Knoepffler, der das Ethikzentrum an der Universität Jena gegründet hat. Auch wenn diese Pietät und die Würde des Verstorbenen nicht mit der Menschenwürde lebender Menschen verwechselt werden dürfe, „bedeutet sie doch, dass wir mit menschlichen Leichnamen nicht wie mit beliebigen Dingen umgehen sollten“.
Die Aufbewahrung und der Transport von Leichnamen ohne ausreichende Hygiene und Kühleinrichtungen seien „unseriös und pietätlos“, sagte Friedhofschef Ihlefeldt. „Tote ohne jede Rücksicht auf Pietät und Würde zu verladen und gestapelt durch das Land zu transportieren, ist die Krönung des Werteverfalls, unabhängig ob aus religiöser oder weltlicher Sicht.“

Diese Art von „Bestattungs- und Leichentourismus“ sei bereits seit vielen Jahren in Deutschland bekannt, betonte Ihlefeldt. „Bestatter bieten heute regelrechte Bestattungspakete an: Billig – Mittelklasse – Teuer. Die Familien wünschen oft nicht einmal mehr die Nutzung der Friedhofskapelle, weil das ja Geld kostet.“ Auf dem Südwestkirchhof zeigen sich im Alltag zwei Seiten, sagte Ihlefeldt. „Einerseits beschäftigen sich Familien, Freunde und Lebenspartner so intensiv mit dem Tod und der Bestattung, dass die Trauerfeiern immer individueller und liebevoller gestaltet werden.“ Es gebe jedoch auch Anfragen, „ob der Bestatter nicht gleich direkt an die Grabstelle fahren kann, die Urne oder den Sarg auslädt, um dann möglichst schnell die Bestattungszeremonie zu beenden“. In Stahnsdorf werde jedoch grundsätzlich jeder Gestorbene würdig in der Kapelle aufgebahrt und zu Grabe getragen.

Einer der insgesamt drei in Hoppegarten gestohlenen Fahrzeuge war Anfang der Woche in der fast 300 Kilometer westlich Berlins gelegenen Stadt Posen entdeckt worden. Über den Leichentransporter gab es aber keine Hinweise. Die polnische Polizei, so Staatsanwalt Neff, habe ihre Suche nach diesem verstärkt. Bislang gebe es allerdings keine heiße Spur. Ste/epd/pet

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