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Brandenburg: Das Fünf-Sterne-Haus des Bischofs

Burg Ziesar war der prachtvolle Sitz der Brandenburger Kirchenfürsten. Nach der Restaurierung soll hier 2005 ein Mittelaltermuseum öffnen

Ziesar. Große Worte, die der junge Burg-Kurator Clemens Bergstedt da wählt: „Ziesar gehört in die gleiche Liga wie die Parklandschaften von Wörlitz!“ Die sind immerhin Weltkulturerbe. In Ziesar aber liegt das Paradies – und dafür hat der World Monument Fond (WMF) in New York kürzlich 70000 Dollar gegeben. Genauer: für die Restaurierung der Kapelle der mittelalterlichen Burg Ziesar und ihrer kostbaren Wandmalereien. Um 1500 entstanden, stellen sie höchst kunstfertig das Paradies dar – und müssen schon dem damaligen Bischof sehr teuer gewesen sein: Die dunkelroten Blütenornamente wurden mit echtem Zinnober ausgemalt – das kostete damals mehr als Gold.

Weit vor Wittstock oder Havelberg war Ziesar einst Brandenburgs wohl bedeutendster Bischofssitz. Schon im 10. Jahrhundert übertrug Otto I. der Kirche den Burgbezirk Ziesar an der wichtigen Verbindungsstraße zwischen Brandenburg/Havel und Magdeburg; und nicht nur das kleine Städtchen, sondern auch die Burg steht heute in ihren Grundzügen noch so, wie sie bis zum 16. Jahrhundert errichtet wurde. Nur von den einst sieben Türmen stehen nur noch zwei, der Bergfried und der Storchenturm – letzterer Dauerwohnsitz eines Storchenpärchens.

Der Name Zi-e-sar, dreisilbig, stammt aus dem Slawischen und heißt in etwa „Ort hinter dem See“, der den strategischen Ausschlag für die Errichtung der 948 erstmals erwähnten Feste gegeben haben mag. Später – zwischen 1327 und 1560 – war Ziesar ständige Residenz der Bischöfe von Brandenburg. Und entsprechend eingerichtet: Eine Fußbodenheizung nach antikem Vorbild gehörte zur Grundausstattung. Im gesamten norddeutschen Kulturraum ist aus dem Mittelalter kein vergleichbarer Prunk erhalten. „Für damalige Verhältnisse ist das eine Fünf-Sterne Anlage“, sagt Kurator Bergstedt.

Gleichwohl fanden im letzten Jahr nur 6000 Besucher den Weg hierher, trotz der verkehrsgünstigen Lage an der Autobahn A2 nahe der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt. 2005 spätestens soll sich das ändern: Zu Pfingsten wird auf 1000 Quadratmetern in der dann vollständig restaurierten Burgkapelle und weiteren Räumen ein Museum über die Zeit der Christianisierung Brandenburgs und das religiöse Leben im Mittelalter eröffnen. 600000 Euro kostet alleine die Wiederherstellung der Kapelle, finanziert vom WMF, dem Bistum Magdeburg, der ostdeutschen Sparkassenstiftung und anonymen Wohltätern.

2006 dann soll die ganze Burganlage saniert sein – für Kosten von 5,24 Millionen Euro, die je zur Hälfte von der EU sowie aus Bundes- und Landesmitteln finanziert werden.

Und der Kurator denkt an mehr: Zum europäischen Zentrum der Mittelalterforschung soll nach seinem Willen die Burg werden. Immerhin seien hier schon im Mittelalter hochintellektuelle Debatten geführt worden, sagt Bergstedt. Zwischen Ziesar und Rom habe es eine „direkte Achse“ gegeben. Davon zeugt nicht zuletzt der Jerusalem-Raum mit ausgedehnten Wandmalereien von der heiligen Stadt. Zur wissenschaftlichen Unterstützung des Projektes sind Verträge mit der Uni und der Fachhochschule Potsdam abgeschlossen worden. Mehrere sensationelle Funde haben Archäologen bei Ausgrabungen zu Tage gefördert: darunter einen mittelalterlichen Kerker mit Häftlingsinschriften und Überreste slawischer Vorgängeranlagen.

Doch, so Bergstedt, über der Reformation und später der preußischen Geschichtsschreibung sei das Wissen über die Historie der Bischofsburg zum großen Teil verloren gegangen. Das Paradies etwa, die Wandmalereien der Kapelle, wurde von reformierten Christen übertüncht. Erst um 1860 kamen die Blüten durch „Selbstfreilegung“ wieder zum Vorschein: als die weiße Farbe abzublättern begann.

Burg Ziesar, Mühlentor 15a, 14793 Ziesar. Öffnungszeiten im Winter bitte telefonisch erfragen: (033830) 654101

Thilo Köhler

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