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Brandenburg: Das große Fällen

Vor zwei Jahren liberalisierte das Land die Baumschutzverordnung. Seither holzen die Bürger munter ab

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Potsdam - Statt zum erhofften Bürokratieabbau habe die 2004 beschlossene neue Brandenburger Baumschutzverordnung zu einer „Fällpanik“ im Land geführt. Bäume auf Privatgrundstücken würden „massenweise“ gefällt. Dadurch sei es regional bereits „zu einem Verlust des grünen Siedlungsbildes“ gekommen. In manchen Gemeinden seien aufgrund der ausgebrochenen Fällwut bis zu 80 Prozent des Großbaumbestandes verschwunden. Darauf haben am Freitag Sprecher der beiden Naturschutzverbände NABU und BUND in Potsdam hingewiesen und vor weiteren Eingriffen in den Naturschutz durch das geplante Bürokratieabbaugesetz gewarnt. Es soll kommenden Mittwoch in erster Lesung vom Landtag beraten werden.

Das Gesetz werde nicht zu weniger Bürokratie, sondern zum verminderten Schutz der Lebensgrundlagen führen, wenn zum Beispiel wichtige Regelungen wie die Beteiligungs- und Klagerechte anerkannter Naturschutzverbände eingeschränkt oder abgeschafft würden. Brandenburg habe bereits seine einstige Vorreiterrolle im Natur- und Umweltschutz verloren und sei im Vergleich zu anderen Bundesländern vom ersten Platz ins hintere Mittelfeld abgerutscht. Die Naturschutzverbände zeigten sich enttäuscht von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der als Umweltminister einst die Vorreiterrolle Brandenburgs im Naturschutz begründet habe.

Platzeck und Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) würden ihrer Verantwortung für den Naturschutz nicht gerecht. Dieser werde von der Landesregierung nicht mehr als Chance begriffen, sondern zunehmend als Hemmnis angesehen. Die „sensationelle Naturausstattung“ Brandenburgs sei in Gefahr. Dabei zeige sich, dass die Streichung anerkannter Standards im Naturschutz nicht automatisch zum Abbau von Bürokratie führe. So stelle etwa die geplante Abschaffung der Tiergehegegenehmigung keine echte Entlastung dar, die der Wirtschaft den Durchbruch bringe. Auch eine Abschaffung oder Einschränkung des Verbandsklagerechts würde kein „spürbares Entlastungspotenzial“ bringen, da nur etwa vier Prozent von jährlich 1000 Verwaltungsgerichtsverfahren Verbandsklagen seien. Doch wären die Auswirkungen für den Naturschutz gravierend, da allein die Möglichkeit der Verbandsklage die Verwaltungen zwinge, Naturschutz ernst zu nehmen. Das Umweltministerium habe sich vor zwei Jahren auch von der Streichung der strengen Bestimmungen beim Baumschutz eine Entlastung der Verwaltung und der Bürger von bürokratischen Vorschriften versprochen, so die Sprecher der Verbände. Doch sei „weder das Ziel der Entbürokratisierung noch das Ziel des Baumschutzes“ erreicht worden. Vielmehr sei die Belastung der Naturschutzverwaltung gestiegen, da wegen unklarer Rechtsbegriffe und wegen des Wirrwarrs von Vorschriften und Ausnahmen in Landes- und Kreisverordnungen sowie kommunalen Baumschutzsatzungen Rechtsunsicherheiten und Ordnungswidrigkeiten zugenommen hätten. Die Verbände plädierten hier für eine einheitliche Regelung. Die ausgebrochene Fällwut zeige, dass der Naturschutz klare ordnungsrechtliche Regelungen benötige.

Michael Mara

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