Brandenburg: „Das ist perfekt. Da wird nichts mehr umgebaut“
Ingo Dierich aus Brandenburg an der Havel ist gelernter Tischler. Heute entwirft er exklusive Interieurs. Auch die Villa Wunderkind von Modeschöpfer Wolfgang Joop in Potsdam trägt seine Handschrift. Kunden können sich auch in seinem Potsdamer Studio beraten lassen
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Brandenburg/Havel - Ingo Dierich lässt den Cursor über den Flachbildschirm flitzen, das dreidimensionale Modell der Villa auf der Brandenburger Dominsel dreht sich um die eigene Achse. „Auf diesem Bildschirm wird der Kunde verzaubert“, sagt der 46-jährige Tischlermeister und Inhaber der Möbel- und Einrichtungsfirma Id aus Brandenburg an der Havel und dirigiert dabei mit kaum wahnehmbaren Bewegungen der Maus die Pirouetten und Saltos der Computeranimation. Der Auftrag auf der Dominsel ist bislang der größte und langwierigste, den Dierichs Firma angenommen hat. Seit November 2011 feilt er bereits an dem Interieur der mondänen Villa am Wasser. Ende Juli soll das Projekt abgeschlossen sein. Dann hat Dierich zahllose Stoffmuster durch seine Finger gleiten lassen, Schrankbeschläge ausgewählt, unzählige Stunden allein oder mit dem Hausbesitzer vor dem Flachbildschirm verbracht. Dierich ist ein Perfektionist, der nie genug bekommt: „Sehe ich einen leeren Raum, geht es sofort los.“
Die schier endlose Liste mit Dateinordnern auf dem Bildschirm lässt erahnen, wie viele leere Räume Dierich in den vergangenen 18 Jahren in ein geschmackvolles Wohnzimmer oder in ein ästhetisch ansprechendes Büro umgewandelt hat. Auch in der Potsdamer Villa Wunderkind von Modeschöpfer Wolfgang Joop hat sich der Tischler verewigt. „Die Villa auf der Dominsel gehört einem erfolgreichen Brandenburger Unternehmer“, erzählt der Firmenchef. Fast fertig ist der Ausbau eines Einfamilienhauses aus den 30er-Jahren in Berlin-Zehlendorf. „Das Ehepaar, dem das Haus gehört, hat während der Arbeiten Urlaub in ihrem Ferienhaus gemacht und als sie wiederkamen, war alles eingebaut“, so Dierich.
Fast nichts, was sein Team einbaut, ist von der Stange. Dierichs Studio quilt förmlich über von Musterkatalogen ausgefallener Materialien. Wenn nötig, lässt sich der Firmenchef die passenden Designerstühle für ein Projekt zum Probesitzen anliefern, in einer Ecke steht der Nachbau einer Raumecke der Dominsel-Villa. „Es geht mir darum, die Proportionen zu sehen. Das Verhältnis von Tür und Wand.“ Bei der Anfertigung von Einbauschränken, Treppen, Küchenmöbeln oder Büroregalen greift Dierich auch auf Partnerbetriebe zurück. „Die schwierigen Sachen bauen wir selbst.“
Bei so viel Exklusivität liegt die Frage nahe, wer sich das überhaupt leisten kann. Seine Kunden seien keineswegs nur superreiche Anwälte, Geschäftsleute oder Modeschöpfer, sondern einfach Leute, denen wichtig sei, wie sie leben, versichert Dierich. „Natürlich spielt Geld immer eine Rolle und wir machen nicht günstig, sondern nur hochwertig, Oberkante perfekt. Aber wir können auch für ein begrenztes Budget eine super Arbeit machen. Ich will es nur vorher wissen“, sagt Dierich, der mit seinem blonden Zopf, hochgesteckter Sonnenbrille, T-Shirt und Cargo-Shorts eher wie ein Fahrradkurier oder Streetworker aussieht als wie der Chef eines erfolgreichen Einrichtungsunternehmens.
Gegründet hat Ingo Dierich seine Firma 1995, davor fünf Jahre im Betrieb seines Vaters gearbeitet. Neben dem Hauptsitz in Brandenburg an der Havel gehören auch zwei Studios in Berlin und Potsdam zur Firma. Insgesamt beschäftigt er 15 Mitarbeiter, darunter drei Meister und vier Gesellen. Außerdem bildet der Brandenburger Geschäftsmann derzeit vier Lehrlinge aus. Geeignete Bewerber für die Ausbildungsplätze zu finden, werde immer schwieriger, so Dierich. Nicht die nachlassende Qualität sei dabei das Problem, sondern die immer geringere Auswahl. „Früher hatte ich 40 Bewerber, heute sind es vier.“ Dabei kann man es mit dem richtigen Engagement bei Dierich durchaus zu etwas bringen. Titel sind für den Firmenchef Nebensache. „Es geht darum, was einer will, woran er Spaß hat. Ich würde zum Beispiel sagen, ich bin ein guter Innenarchitekt, bin aber gar keiner“, erläutert Dierich.
Doch offenbar ist er auch ein guter Gastwirt und Floßbauer. Zusammen mit seiner Frau Christiane betreibt Ingo Dierich zudem die Pension Havelfloß an der Brandenburger Jahrtausendbrücke. 2012 ist die Pension mit dem Landestourismuspreis ausgezeichnet worden. Der sanierte Altbau mit Interieur à la Ingo Dierich liegt direkt am Wasser, ein eigener Steg führt zu den ebenfalls von ihm gebauten Flößen. In Potsdam fahren seine Flöße unter der Flagge von Havelmeer.
Natürlich hat Dierich auch sein eigenes Zuhause selbst ausgebaut. Will man da nicht ständig umarrangieren, sich neue Materialien ins Haus holen? „Ich baue für die Ewigkeit. Das ist perfekt. Da wird nichts mehr umgebaut.“
www.ingodierich.de
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